Von Rotz & Wiedemar: Autonom & Automatisch

Die Standseilbahn im Park am Flughafen Zürich ist eine echte Innovation: Ob Betrieb, Überwachung, Prüffahrt oder Schneeräumung – die Anlage funktioniert ohne Betriebspersonal.

„Circle“ und „Park“ – so heißen die beiden Punkte, die seit November 2020 am Flughafen Zürich durch eine kleine Standseilbahn verbunden werden. Konkret erschließt die Anlage ein kleinen Berg, der als öffentliches Begegnungs- und Naherholungsgebiet des Flughafens sowie des Stadtquartiers und Dienstleistungszentrum „Circle“ dient.

Dieses umfasst zwei Hotels, ein Kongresszentrum, zahlreiche Shops und Restaurants, Hauptsitze für internationale Firmen sowie medizinische Dienstleistungen. Die Standseilbahn ist eine Ergänzung, damit auch Personen mit eingeschränkter Mobilität oder auch Familien mit Kinderwagen gut auf den Gipfel des Hügels gelangen.

„Barrierefrei und automatisiert – das waren im Groben die Anforderungen, die wir an die Bahn stellten“, sagt Beat Dübendorfer, Leiter Spezialprojekte am Flughafen Zürich. Das System Standseilbahn hat sich gegen die Alternativen Rolltreppe, Aufzug und Zufahrtsweg durchgesetzt – diese wären nicht praktikabel, nicht rollstuhlgerecht, zu lang, zu aufwendig oder unästhetisch gewesen.

„Mit Blick auf Anlagen in Bern, Flims oder Gütsch war eine Standseilbahn oder ein Schrägaufzug für uns die beste Lösung“, so Dübendorfer weiter. In der funktionellen Ausschreibung hat sich dann die Firma VON ROTZ & WIEDEMAR gegen vier Mitbewerber durchgesetzt

Beat Dübendorfer

Leiter Spezialprojekte am Flughafen Zürich

„VON ROTZ & WIEDEMAR hat uns mit seinem innovativen Potential überzeugt. Die Seilbahnexperten kamen bereits in der Ausschreibung mit einem detaillierten, individuellen Konzept daher, das unsere vielen Spezialwünsche erfüllte – fernab vom Standardprodukt großer Lieferanten. Auch von der Montage, der Flexibilität und der Logistik war ich stark beeindruckt.“

Robust & langlebig

Der kleine Hersteller aus der Zentralschweiz hat schlicht die genauen Vorgaben und die speziellen Wünsche in seiner Offerte am Besten umgesetzt: „Das Potential der robusten, zuverlässigen und innovativen Lösung war so groß, dass wir statt dem Schrägaufzug die technisch ähnliche, aber normlich abweichende und etwas teurere Variante der Standseilbahn akzeptiert haben“, betont Dübendorfer.

Konkret handelt es sich um eine einspurige Standseilbahn mit Windenantrieb am Hügel, die mit besonders hochwertigen Komponenten und nachhaltiger Mechanik ausgestattet ist. „Wir können 30 Jahre Nutzungsdauer garantieren, wobei die Standseilbahn bei richtiger Wartung noch viel langlebiger ist“, berichtet Patrick Enz, Projektleiter bei VON ROTZ & WIEDEMAR.

Die rollstuhlgängige Anlage bietet 15 Personen oder 1.200 Kilogramm Nutzlast Platz und überwindet in gut einer Minute einen Niveauunterschied von 22 Höhenmetern, sowie eine Länge von 78 Metern.

Bei der Montage galt es enge Platzverhältnisse zu bewältigen. Foto: VON ROTZ & WIEDEMAR

Autonomer Betrieb

Eine echte Innovation ist der vollautomatische Betrieb der Standseilbahn. Generell erfolgt der Betrieb autonom und wird lediglich via Kameras und Sprechverbindung in der Leitstelle der Skymetro des Flughafens überwacht. „Wir haben zusammen mit den Steuerungsprofis von SISAG erstmals einen Windunterbruch installiert. Weht zu starker Wind, bleibt die Bahn automatisch stehen“, so Enz.

Zudem führt die Anlage Prüffahrten selbstständig durch. „Zwei 3D-Laser-Scanner kontrollieren die Strecke, liegt etwa ein Zweig auf den Schienen, hält die Bahn automatisch sanft an und fährt zurück“, erläutert Enz. Sogar den Schnee auf den Gleisen räumt die Seilbahn selbst weg.

„Wir wollen kein zusätzliches Personal für Betrieb und Aufsicht einstellen, hier hilft die umfangreiche, autonome Steuerung natürlich enorm“, freut sich Dübendorfer. Einerseits spart dies Betriebskosten, andererseits gibt es keinen Nothalt, den ein Gast auslösen könnte: „Wir beugen so Missbrauch vor, das ist uns wichtig. Zum Vergleich: Bei den Rolltreppen im Flughafen sind nur zehn Prozent der monatlich 200 Nothalte gerechtfertigt“, sagt Dübendorfer.

Technische Daten:

Standseilbahn Butzenbüel

Nutzlast 15 P. oder 1.200 kg
Fahrgeschwindigkeit 2,5 m/s
Fahrbahnlänge 78,7 m
Höhenunterschied 22,5 m
Fahrzeuge 1
Stationen 2
Steigung 0° – 30°
Fahrzeit pro Zyklus 4 min
Windenatrieb Berg
Fahrbetriebsmittel 1
Steuerung SISAG
Hersteller VON ROTZ & WIEDEMAR

Steigung zwischen null und 30 Grad

Dem Betreiber war zudem die Nutzerfreundlichkeit wichtig: „Die Bedientasten mit Brailleschrift besitzen die Logik eines Aufzugs und sind so angebracht, dass sie auch Rollstuhlfahrer leicht erreichen können“, bekräftigt Dübendorfer. Vom Fahrzeug mit Panoramaverglasung über das Fahrwerk mit federgelagerter Einzelradaufhängung bis hin zur Strecke mit Fahrschacht unten und Ständerbauweise oben, stammt alles aus dem Hause VON ROTZ & WIEDEMAR.

„Mit einer Steigung zwischen null und 30 Grad und einem Drittel konvexer Trassenführung war die Streckenkonstruktion und der Niveauausgleich des Fahrwerks die größte Herausforderung“, berichtet Enz. Da der Park ein Naturschutzgebiet ist, wurde auf Hydraulik verzichtet und auf einen elektrischen Ausgleich gesetzt: Die Speisung des Niveauausgleichs wird mit einer Spannung von 400V über die Seile bewerkstelligt.

Apropos Seile: Zwei Zugseile und ein Gegenseil bilden die Zugseilschlaufe, welche über das Umlenkrad im Tal gespannt wird. Die Seilspannung wird über eine hydromechanische Spannvorrichtung realisiert, mit welcher man sehr einfach die Zugseilschlaufe entspannen und wieder spannen kann. Insbesondere für Seilarbeiten ist das eine sehr komfortabele Lösung. Zudem können auf der Antriebstrommel alle drei Seile gleichzeitig auf- und abgewickelt werden.

Auch die Integration der umfangreichen Technik in das kleine Fahrzeug war für Enz und seine Kollegen eine spannende Aufgabe: „Darin steckt mehr als in einer großen Standseilbahn!“.

Foto: VON ROTZ & WIEDEMAR

Interesse überrascht

Die Koordination von Montage und Logistik mit der Großbaustelle des „Circle“ war eine weitere Herausforderung: „Hier war VON ROTZ & WIEDEMAR zeitlich und räumlich sehr flexibel und hat exzellent vorausgeplant“, betont Dübendorfer. Seit November 2020 ist die Anlage nun im Betrieb – und konnte bereits über 10.000 störungsfreie Fahrten verzeichnen. „Wir sind vom Interesse der Gäste überrascht, sodass wir den durch Corona eingeschränkten Betrieb ausgeweitet haben“, schließt Dübendorfer.

Die Standseilbahn verbindet Park und Circle – also das Naherholungsgebiet mit dem neuen Stadtquartier im Flughafen Zürich. Foto: The Circle.