Beschneiung & Pistenpflege, SI 5/2021, SI-Alpin
Auf Tragkraft optimiert – Pistenwindenseile im Einsatz
Höchste Tragkraft und ruhige Laufeigenschaften – das zeichnet die Pisten- windenseile von JAKOB ROPE SYSTEM aus. Die Seilexperten Konstantin Kühner und Marcel Meier stellen sich im SI Interview diesem spannenden Thema.
SI: Was leisten Pistenfahrzeuge heute im Einsatz?
Konstantin Kühner: Täglich nach Ende des Pistenbetriebes, wenn die Lifte stehen, beginnt die Arbeit der Pistenfahrzeuge. Oft im Dunkeln und bei hohen Minusgraden. Sie beginnen dann damit, die Pisten neu zu präparieren.
Das geschieht von der Tallage bis hoch auf rund 3.000 Meter über Meer in die höchsten Lagen des Skigebiets. Die Fahrzeuge müssen in fast jedem Gelände zurechtkommen und das auch an extremen Steilhängen.
Konstantin Kühner
Konstantin Kühner
Seilexperte bei JAKOB ROPE SYSTEMS
Seilexperte bei JAKOB ROPE SYSTEMS
Wozu braucht es dabei Pistenwindenseile?
Konstantin Kühner: Ein Pistenwindenseil dient zur Sicherung des Pistenfahrzeuges an Steilhängen. So können die Fahrzeuge am Seil hängend die Skihänge präparieren. Für den Fahrer ist dabei wichtig, dass er von dem Seil möglichst wenig merkt. Er braucht die Sicherheit, muss sich aber möglichst frei bewegen können.
Seil darf nicht zu schwer und nicht zu elastisch sein. Es darf nicht am Boden hängen bleiben. All das würde das Fahrverhalten des Pistenfahrzeuges stören.
Marcel Meier: Im Gegensatz zu früher lassen sich heute durch den Einsatz von Pistenwindenseilen und Seilwinden steile Pisten von unten nach oben präparieren. Dies verbessert die Pistenqualität erheblich, da durch die Unterstützung der Seilwinde die Raupen vom Pistenfahrzeug den Schnee weniger aufkratzen.
Zudem wird der Schnee beim Hochfahren durch das Pistenfahrzeug an den Hang angepresst. Auch das Hochbringen von Schnee, der während des Tages durch die Skifahrer nach unten transportiert wird, kann durch den Einsatz von Seil und Seilwinde bewerkstelligt werden, damit exponierte Stellen auf der Piste am nächsten Tag wieder einwandfrei befahren werden können.
Marcel Meier,
Verkauf Seil- und Hebetechnik Jakob Rope Systems
Pistenwindenseile müssen also im Einsatz eine Menge leisten?
Konstantin Kühner: Es sind robuste High-End-Seile, die so wartungsarm und sicher wie möglich funktionieren müssen und das auf einer großen Länge. Auf die Seilwinde eines Pistenfahrzeuges passen etwa 1.050 Meter Seil. Dabei wird das lange Pistenwindenseil auf eine Trommel gewickelt.
Dieser Belastung muss es standhalten. Das Seil muss äußerst verschleißfest sein. Beim Einsatz im Gelände bekommt es Schrammen, Pressungen und Biegungen ab. Das bedeutet: höchste Bruchkraft und Querstabilität auf einem möglichst dünnen Seildurchmesser. Je mehr Stabilität das Seil bietet, desto steiler und schneller kann der Fahrer mit seinem Fahrzeug fahren. Und desto schwerer und breiter kann das Fahrzeug sein.
Worin unterscheiden sich Pistenwindenseile gegenüber anderen Zugseilen?
Konstantin Kühner: Pistenwindenseile sind besonders aufgebaut. Die Litzen und die Stahleinlage im Inneren des Seiles liegen doppelt parallel. Das führt zu einer sehr hohen Verdichtung und einer optimalen Kraftverteilung im Seil.
Diese besondere Konstruktion gibt dem Seil seine große Stabilität und Bruchkraft. Nach außen hin ist das Seil durch seine Verdichtung glatter als andere Seile. So läuft es geschmeidig auf der Seilwinde. Stellen Sie sich ihren Kugelschreiber vor.
So dick ist ein Pistenwindenseil – 10 bis 11 Millimeter. Daran hängt das ganze Pistenfahrzeug und lässt sich 800 Meter den Steilhang runter. Hier muss also alles auf Tragkraft optimiert sein.
Welche Pistenwindenseile bietet JAKOB ROPE SYSTEMS an?
Marcel Meier: Wir bieten drei Typen von Pistenwindenseilen an – alle zur Nach- rüstung für die Fahrzeuge der Hersteller KÄSSBOHRER und PRINOTH. Unser Winch King 9 als 9-litziges Spezialseil mit 11 Millimeter Durchmesser ist optimiert für die Spillwinden von KÄSSBOHRER-Fahrzeugen. Und unser Winch Power 8 als 8-litziges Spezialseil mit 10 oder 11 Millimeter Durchmesser wird auf den Trommelwinden von PRINOTH-Fahrzeugen eingesetzt.
Haben sich Pistenwindenseile über die vergangenen Jahre verändert? Welche Trends zeichnen sich ab?
Marcel Meier: Hersteller tüfteln daran, die Bruchfestigkeit der Seile weiter zu erhöhen. Das ist sicher ein Trend. Unser Partner in Deutschland erprobt aktuell eine Entwicklung, bei der Pistenwindenseile eine Zwischenlage aus Kunststoff erhalten.
Damit wird das Seil optimal ausgefüllt. Die Dehnung wird geringer, das Seil kann noch mehr Querpressung aufnehmen und durch die weiche Kunststoffbettung zwischen den Litzen werden Pressungen viel besser im Seil verteilt.
Ein Seil von guter Qualität erkennt man als Kunde woran?
Marcel Meier: Die Produktionsqualität äußert sich in den ersten Betriebsstunden, wenn das neue Seil aufliegt: Bleibt das Seil stabil, ohne Drehungen und ohne Verformungen? Wenn ja, ist die Qualität gut. Anschließend werden Pistenwindenseile im Einsatz hart rangenommen.
In puncto Qualität kann man schwer von einer guten oder schlechten Lebensdauer in Stunden sprechen. Der Pistenfahrzeugfahrer, das Gelände, Hindernisse, die Sicht und was am Hang so alles passiert, nehmen enormen Einfluss auf die Lebensdauer des Seils.
Gibt es Pflegetipps, die das Leben eines Pistenwindenseils verlängern?
Marcel Meier: Werden bei der Sichtprüfung vereinzelt Drahtbrüche vorgefunden, dürfen sie herausgebrochen werden, sonst klemmt das Stück Metall auf der Trommel eventuell andere Drähte scharf ab.
Nach einer gewissen Anzahl Betriebsstunden kann man das Seil ganz abwickeln, am hinteren Ende ein Stück abschneiden und anschließend wieder aufwickeln. Damit verschiebt sich beim weiteren Einsatz der ständige Lagenwechselpunkt beim Auf- und Abwinden des Seils auf der Trommel des Pistenfahrzeuges.
Das Interview führte Oliver Hergt