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Leitfaden für urbane Seilbahnen

Das Deutsche Bundesverkehrsministerium will Planungen und Bau von urbanen Seilbahnen in Deutschland voranbringen. Schwerpunkt ist ein Leitfaden für Kommunen, der nun – Ende November 2022 – veröffentlicht wurde.

Das Werkzeug trägt den Titel „Urbane Seilbahnen im öffentlichen Nahverkehr“ und unterstützt Kommunen oder kommunale Verkehrsunternehmen bei der Realisierung von Stadtseilbahnen – von der Projektidee über die Planung und den Bau bis zum Betrieb.

Mit dem Leitfaden sollen Seilbahnen als nachhaltiges Mobilitätsangebot im urbanen Raum vorangebracht werden. Ziel ist es, einen nationalen Standard für urbane Seilbahnen in Deutschland zu schaffen, an dem sich Städte und Kommunen orientieren können. Denn Deutschland hat bislang wenig Erfahrung mit Seilbahnsystemen im urbanen Bereich.

Ausgangslage

Derzeit gibt es deutschlandweit in zahlreichen Städten Überlegungen zum Bau von urbanen Seilbahnen. Das innovative und umweltfreundliche Verkehrssystem kann Lücken im öffentlichen Nahverkehr schließen, Busverkehr ersetzen oder den ländlichen Raum anbinden (z.B. durch Kombination mit Pendlerparkplätzen).

Darüber hinaus sind Seilbahnen im Vergleich zu anderen Verkehrssystemen klimafreundlich, preiswert, schnell realisierbar und zuverlässig. Ein weiterer praktischer Vorzug ist die permamente Verfügbarkeit, denn die Kabinen einer Umlaufbahnen benötigen keinen Fahrplan.

Seilbahnen sind zudem platzsparend und haben immer freie Fahrt; es gibt für sie keine Hindernisse. Durch Erfahrungen im alpinen Tourismus sind sie nicht zuletzt gut erprobt und gelten als äußerst robust und weitgehend witterungsunabhängig.

Sebastian Beck

Drees & Sommer SE, Mitautor des Leitfadens

„Gerade in größeren Städten stoßen Straßen und öffentlicher Nahverkehr an ihre Grenzen oder sind längst über dem Limit. Auch in Deutschland taucht daher die Seilbahn angesichts zunehmender Staus, Lärm und Emissionen immer stärker als urbanes Nahverkehrsmittel auf den Radarschirmen der Verkehrsplaner auf. Zwar gibt es kein Patentrezept für ein urbanes Seilbahnsystem, da die Infrastruktur, das Verkehrsaufkommen oder die Topografie in jeder Stadt unterschiedlich sind, doch der Leitfaden gibt wertvolle Orientierungshilfen, wo sich der Einsatz einer Seilbahn lohnt und was sie im ÖPNV leisten kann. Mit dem Handlungsleitfaden erhalten deutsche Städte und Kommunen fundierte Informationen, wie sich Seilbahnvorhaben stadt- und verkehrsplanerisch sinnvoll integrieren lassen und wie es gelingt, die Akzeptanz dieses Verkehrsmittels in der Bevölkerung zu erhöhen. Im Fokus stehen gesellschaftliche und politische Aspekte, der Vergleich von Kosten und Nutzen sowie die Einführung eines nationalen Standards.“

Hilfe für urbane Seilbahnen

All diese Vorteile haben auch das Deutsche Bundesverkehrsministerium von der urbanen Seilbahn überzeugt. Deutsche Kommunen, die am Bau von urbanen Seilbahnen interessiert sind, haben aber derzeit kaum Referenzen, an denen sie sich orientieren können.

Deshalb hat das Ressort im Jahr 2019 den Arbeitskreis urbane Seilbahnen eingerichtet, um mit Vertretern von Kommunen, Ländern und aus der Wissenschaft Unterstützungsmöglichkeiten des Bundes zu diskutieren.

Leitfaden erarbeitet

Das Ministerium hat das Stuttgarter Planungs- und Beratungsunternehmen Drees & Sommer SE gemeinsam mit dem Verkehrswissenschaftlichen Institut Stuttgart GmbH (VWI) beauftragt, den besagten Leitfaden über die stadt- und verkehrsplanerische Integration urbaner Seilbahnprojekte zu erarbeiten.

Die Studie analysiert die stadt- und verkehrsplanerische Integration urbaner Seilbahnen, bereits bestehende Seilbahnprojekte im Ausland, den Stand von Planungen und Erfahrungen in Deutschland und exemplarisch sechs Überflieger-Städte in Deutschland.

Überflieger

München zählt zu den sechs deutschen Städten, die am Prozess des Leitfadens beteiligt waren

Sechs Überflieger Städte

Das Bundesverkehrsministerium hat gemeinsam mit den sechs Städten Bonn, Frankfurt am Main, München, Stuttgart, Leipzig und Kiel über deren Ideen, Planungen und Erfahrungen für Seilbahnsysteme diskutiert:

Wo liegen die Chancen? Wo die Potenziale? Wo liegen Schwierigkeiten oder Hemmnisse?

In Workshops mit kommunalen Vertretern sowie Bürgerinnen und Bürgern wurden insbesondere die Aspekte Verkehr, Städtebau, Umwelt und Bürgerbeteiligung betrachtet. Denn die frühzeitige Einbindung von Bürgern ist entscheidend. Die Ergebnisse der Workshops flossen in den Leitfaden ein.

Inhalt des Leitfadens

Der Leitfaden umfasst einerseits allgemeine Grundlagen (z. B. Anwendungsfelder, Seilbahnsysteme, rechtliche Rahmenbedingungen) und einen
exemplarischen Projektablauf, welcher als Orientierungshilfe für die Umsetzung von Seilbahnprojekten herangezogen werden kann.

Andererseits werden die Bereiche Verkehr, Umwelt und städtebauliche Integration behandelt, ebenso die technische Infrastruktur und der Betrieb von Seilbahnen. Auch die Themen Bewertung, Investitionen und Förderung werden abgedeckt.

Finanzierung

Das deutsche Verkehrsministerium hat Seilbahnen als förderfähige Vorhaben aufgenommen.

Finanzielle Förderung

Zudem gibt es Geld für urbane Seilbahnen: Das Bundesverkehrsministerium hat mit der jüngsten Neuregelung des Gesetzes zur Gemeindeverkehrsfinanzierung (GVFG; Bundesfördermittel für die Nahverkehrsinfrastruktur) Seilbahnen als förderungsfähige Vorhaben aufgenommen:

Seilbahnvorhaben sind bei einer Mindestvorhabengröße von 30 Millionen Euro mit bis zu 75 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten im Rahmen des GVFG-Bundesprogramms förderfähig.

Die Förderung des Projekts muss im Einklang mit dem Beihilferecht der Europäischen Union stehen. Hierfür ist eine Erörterung im Einzelfall erforderlich.

Bewertung erleichtert

Der Investition in den Bau oder Ausbau eines Seilbahnsystems muss eine gesamtwirtschaftliche Bewertung vorangestellt werden, um durch Bundesfinanzhilfen unterstützt zu werden.

Der entsprechende Wirtschaftlichkeitsnachweis ist nach dem bundesweit einheitlichen Berechnungsverfahren der Standardisierten Bewertung zu erbringen.

Mit der 2022 veröffentlichten neuen Version der Standardisierten Bewertung, wird die umfassende Darstellung der gesellschaftlichen, verkehrlichen und gesamtwirtschaftlichen Vorteile von ÖPNV-Vorhaben, auch für urbane Seilbahnen, erheblich erleichtert.

Sie ist die neue Grundlage für eine anteilige Bundesförderung als Nachweis der Wirtschaftlichkeit nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG).