
Management & Tourismus, SI 1/2025
Henrik Volpert: „Die Stärken stärken!“
SI Magazin: Herr Volpert, Verbandspräsident ist ein Ehrenamt, das viel Zeit und Kraft kostet. Warum tun Sie sich das an?
Henrik Volpert: Deutschlands Seilbahnen brauchen eine starke Stimme gegenüber Politik und Öffentlichkeit, die unsere Interessen vertritt. Der deutsche Seilbahnverband ist dabei auf die aktive Mitarbeit und das Ehrenamt seiner Mitglieder angewiesen.
Als eines der größten Unternehmen ist es daher für uns, die Oberstdorf-Kleinwalsertal Bergbahnen, selbstverständlich, dass wir für die gesamte Branche Flagge zeigen und Verantwortung übernehmen.
Für mich persönlich gilt dabei aber auch: Unsere Unternehmen sind innovativ, nachhaltig und für die jeweiligen Regionen ganzjährig wirtschaftlich von zentraler Bedeutung. Diese Realität steht häufig im Widerspruch zur Darstellung in Medien und Politik. Dies aufzulösen ist mir ein großes Anliegen.
Henrik Volpert
Der gebürtige Norddeutsche ist seit 2015 Vorstand der Oberstdorf Kleinwalsertal Bergbahnen. Davor war er drei Jahre lang Geschäftsführer der Oberen Maxlraineralm. Vor seiner Karriere bei den Bergbahnen war Volpert als Banker und Unternehmensberater bei der UniCredit und der BMW Group beschäftigt.
Inwiefern wollen Sie den Verband weiterentwickeln?
Der VDS hat in seiner Geschichte viele wichtige Erfolge für die Branche erzielen können und jede Zeit birgt ihre Herausforderungen. Doch seit der Corona-Pandemie hat der Druck massiv zugenommen: Mediales Dauerfeuer, Inflation, überbordende Bürokratie, Regulierungswut, Fachkräftemangel und vieles mehr stellen die Seilbahnen in Deutschland vor große Herausforderungen.
Umso wichtiger ist, ein klares und gemeinsames Bild von der Arbeit und den Zielen des Verbandes zu haben, in dem sich alle Mitglieder wiederfinden können. Hier wollen wir nachschärfen und klare Prioritäten für die nächsten Jahre setzen.
Daher haben wir in den vergangenen Wochen einen umfangreichen 360°-Strategieprozess gestartet. Gemeinsam wollen wir die Ziele, den Mehrwert und die Strukturen des Verbands definieren und die Erfolgsfaktoren herausarbeiten. Denn unser Verband ist mit seinen über 100 Unternehmen sehr heterogen:
Wir vertreten nicht nur kleine und große Skigebiete, sondern auch viele reine Sommer- und Ausflugsbahnen, sowie urbane Anlagen. Umso wichtiger ist also eine präzise Standortbestimmung und eindeutige Strategie für die weitere Verbandsarbeit.
Heterogener Verband:
Der VDS vertritt nicht nur kleine und große Skigebiete, sondern auch viele reine Sommer- und Ausflugsbahnen, sowie urbane Anlagen.
Was bedeutet das konkret?
Als vergleichsweise kleiner Verband sind wir auf die aktive Mitarbeit und das Ehrenamt unserer Mitglieder angewiesen. Hierzu muss aber der Mehrwert für jedes Mitglieder klar erkennbar sein. Der hohe Organisationsgrad in der Branche und familiäres Miteinander sind seitjeher die Stärke des VDS.
Der Verband lebt von einem engen Erfahrungsaustausch und der Interaktion seiner Mitgliedsunternehmen. Das zeigen zum Beispiel unsere vielen erfolgreichen Veranstaltungsformate. Wir sind sehr gut vernetzt und haben eine hohe Expertise.
Gleichzeitig ist aber die Anzahl der Themen in den vergangenen Jahren massiv gestiegen und auch im Verband sind die Ressourcen endlich. Hier müssen wir Prioritäten setzen und die richtigen Handlungsfelder identifizieren. Wir wollen die Stärken stärken und als Betreiberverband den Austausch in der Branche über alle Player hinweg forcieren.
Verzerrte Berichterstattung:
Der VDS will in der medialen Debatte faktenbasiert Flagge zeigen.
Eine wichtige Zielgruppe des Verbandes sind Politik und Öffentlichkeit. Was ist hier zu tun?
Wir sehen uns als Think Tank für die Branche und müssen gegenüber Politik und Öffentlichkeit Positionen erarbeiten und vertreten. Als Verband sind wir zwar politisch sehr gut vernetzt und können Entscheidungsträger als wichtiger und glaubwürdiger Partner mit Fakten und Informationen versorgen.
Entscheidend ist aber auch, dass unsere Mitglieder vor Ort und in den Regionen geschlossen und mit einer Stimme sprechen können. So arbeiten wir etwa stetig daran, sie mit entsprechenden Kommunikationsleitfäden und Daten zu unterschützen.
In der medialen Debatte wiederum dürfen wir nicht nachgeben und resignieren, sondern müssen faktenbasiert gegen verzerrte Berichterstattung Flagge zeigen. Wir dürfen hier nicht lockerlassen, auch wenn es mühsam ist. Denn ein Teil unserer Gäste lässt sich durch die mediale Debatte durchaus verunsichern.
Dabei sprechen die Zahlen und Fakten für uns. Die deutschen Seilbahnen sind nicht nur nachhaltig aufgestellt, für die Wertschöpfung im ländlichen Raum sind wir essenziell und bieten Einheimischen wie Gästen einen hohen Freizeit- und Erholungswert.
Branchenaufgabe junge Skifahrer:
Für den Skinachwuchs sieht der VDS nicht allein die Bergbahnen in der Pflicht, sondern alle Glieder der Wertschöpfungskette.
Apropos Gäste: Wie wollen Sie Zielgruppen erhalten & gewinnen?
Der demografische Wandel in Deutschland birgt Herausforderungen aber auch Chancen für uns Bergbahnen. Natürlich müssen wir Sorge dafür tragen, dass wir zum Beispiel die Kinder durch niederschwellige Angebote für den Wintersport begeistern. Oder etwa auch die Vereinsarbeit unterstützen.
Gleichzeitig ist aber ebenso wichtig, die Drop-out-Rate bei den älteren Gästen zu reduzieren, in dem wir sie auch im gehobenen Alter für den Bergsport begeistern. Oder denken wir an die vielen Menschen in unserem Land, die aufgrund eines anderen kulturellen Hintergrundes vielleicht nicht von Haus aus einen Bezug zum Schneesport haben.
Diese Themen können aber weder der VDS noch unsere Unternehmen alleine angehen und lösen. Hier sind alle Stakeholder in der touristischen Wertschöpfungskette gefragt. Somit sind wir wieder beim Thema Netzwerken und der Zusammenarbeit in der Branche.
Wir sehen hier den VDS als wichtige Kraft zusammen mit den anderen Verbänden und Leistungsträgern im Tourismus. Nur so können wir gegenüber der Politik und der Öffentlichkeit klare Positionen formulieren und für unsere Gäste attraktive Angebot schaffen. Es zählt stets das Gesamtpaket.
Durchbruch bei Berufstitel:
Dank dem politischen Druck des VDS ist die österreichische Lehre zum Seilbahntechniker nun auch in Deutschland anerkannt.
Gäste bringen nichts, wenn das Personal fehlt. Wie wollen Sie hier Ihre Mitglieder unterstützen?
Erst kürzlich ist es uns mit politischer Unterstützung gelungen, die Gleichwertigkeitsfeststellung der österreichischen Seilbahntechnikerausbildung beim IHK-Institut Foreign Skills Approval (FOSA) zu erreichen. Das ist für unsere deutschen Auszubildenden eine enorme Aufwertung. Solch qualifizierte Berufsabschlüsse sind wichtig, um attraktive Karrierewege anbieten zu können.
Hier spielen auch die Seminare und Schulungen des Verbandes eine große Rolle. Das betrifft aber nicht nur die technische Ausbildung vom Maschinisten bis zum Betriebsleiter. Wir wollen unsere Mitglieder auch in anderen Bereichen weiterqualifizieren und in ihrer täglichen Arbeit mit Handlungsempfehlungen und Standpunkten unterstützen.
Sehr erfolgreich war zum Beispiel zuletzt ein Seminar zum Thema Krisenkommunikation im Unternehmen. Was tun, wenn es wirklich einmal ernst wird? Die Aus- und Weiterbildung ist neben dem systematischen Erfahrungsaustausch eines der wesentlichen Verbandsziele.
BergNetzwerk 2025:
Henrik Volperts ist Gastgeber des Branchenevents BergNetzWerk 2025 vom 17. bis 19. September 2025 in Oberstdorf. Die Veranstaltung ist Nachfolger des BergBahnCamp, der zuletzt in Andermatt stattfand (siehe Bild).
Stichwort Verband: Wir bewerten Sie die Zusammenarbeit mit den Branchenvertretungen anderer Länder?
Der Erfahrungsaustausch und die direkte Zusammenarbeit mit den Verbänden und Kollegen auf internationaler Ebene ist ungemein wertvoll, schließlich ähneln sich Chancen und Herausforderungen. Ich bin auch persönlich ein großer Fan davon, das Rad nicht ständig neu zu erfinden. Gerade auf europäischer Ebene sind gemeinsame Positionen von entscheidender Bedeutung.
Hinzu kommt die wichtige internationale Arbeit im Bereich der Technik und Normen. Zudem profitiere ich als Unternehmer auch ganz praktisch vom gemeinsamen Austausch, etwa auf der Produkt- und Strategieebene.
Aus deutscher Perspektive können wir hier zum Beispiel viel Erfahrung in Sachen Sommer- und Ganzjahresbetrieb beisteuern. Neben der Zusammenarbeit in Verbänden und Organisationen ist aber auch der informelle Austausch bei Branchen- und Netzwerkveranstaltungen wichtig. Das Familiäre und Kollegiale ist, was uns länderübergreifend auszeichnet.
Ist das der Grund, warum Sie mit den Oberstdorf – Kleinwalsertal Bergbahnen Gastgeber des Berg- NetzWerks 2025 sind?
Absolut! Wir sind schon sehr gespannt auf den Relaunch des vormals ja als „BergBahnCamp“ bekannten Events. Ich durfte in der Vergangenheit schon an vielen Orten im Camp zu Gast sein. Wie immer ist dabei der persönliche Austausch in lockerer Atmosphäre durch nichts zu ersetzen.
Die Destination Oberstdorf-Kleinwalsertal gehört mit rund 4,7 Millionen Übernachtungen zu den stärksten am Markt. Wir haben in den vergangenen Jahren eine umfangreiche Transformation hinter uns und durften massiv in die Qualität unsere Ganzjahresangebots investieren.
Daher schlüpfen wir gerne und dankbar in die Rolle des Gastgebers und freue uns auf viele Bergbahner vom 17. bis 19. September 2025 in Oberstdorf!
Das Interview führte Thomas Surrer