Ausgabe, SI 5/2018, SI-Alpin
Karin Huber: Traumberuf beim zweiten Anlauf
„Dieser Beruf ist genau das richtige für mich. Ich bin immer draußen und bekomme einiges an Bewegung“ – Karin Huber
Karin Huber war bereits als Kind ein großer Fan von Seilbahnanlagen. Während andere Kinder die neuesten Panini Sticker sammelten, hatte die Schweizerin mehr Interesse daran, Bilder von Seilbahnen für ihr Album zu bekommen. Bei Familienausfl ügen wurden deshalb nicht nur die üblichen Urlaubsaufnahmen gemacht, sondern es wurden auch immer wieder die lokalen Seilbahnen abgelichtet.
Das Gefühl des Schwebens bei der Bergfahrt mit einer Seilbahn war einfach das Größte für die damals Zwölfjährige. Die tolle Aussicht über die Berge genießen und sich einfach frei fühlen, das verband Karin Huber mit solchen Anlagen. Dass sie sich später einmal für die dahinterstehende Technik begeistern würde und eine solche Anlage zu ihrem Arbeitsplatz werden sollte, hätte sie sich zu diesem Zeitpunkt nicht vorstellen können. Trotz der frühen Leidenschaft für das Transportmittel entschied sich Karin anfangs für eine ganz andere Laufbahn. 1999 startete sie als Konditorin ihren beruflichen Werdegang.
Die Entscheidung für diesen ersten Ausbildungsweg hat sie jedoch nie bereut: „Es hat mir Spaß gemacht, die Kuchen und Torten zu backen sowie zu dekorieren und es wäre mir zu diesem Zeitpunkt auch nie eingefallen, dass aus meiner Leidenschaft für Seilbahnen mehr werden könnte.“ Durch eine Saisonstelle in Laax kam jedoch der Wunsch auf, sich im technischen Bereich ein neues Standbein aufzubauen und so wurde eine alte Leidenschaft neu entdeckt.
Durch ihre freundliche und aufgeschlossene Art konnte die Schweizerin während ihrer Zeit in der Skiregion immer wieder hinter die Kulissen der Bergbahnen schauen. „Es gehören so viele verschiedene Dinge dazu und ich hatte zu dem Zeitpunkt gar keine Ahnung, wie abwechslungsreich diese Arbeit ist,“ schwärmt Karin heute. Ihre erste Stelle im Bereich Bergbahnen bekam sie in Saas-Fee als Betriebshilfe.
Nach zwei Jahren in diesem Bereich war für Karin klar, dass es genau die richtige Arbeit für sie war. Nur eines störte die ehrgeizige Seilbahnenthusiastin an ihrer neuen Tätigkeit, die Entscheidungen wurden von anderen getroffen und das wollte sie ändern. Deshalb entschied sie sich, eine zweijährige Ausbildung zur Seilbahntechnikerin zu absolvieren und so zur Anlagenchefin aufzusteigen.
Gerade zu Beginn dieser Zeit wurde sie häufi g gefragt, ob sie sich das wirklich antun will und ob es nicht besser wäre, in ihren alten Job als Konditorin zurück zu kehren. Doch das war für die Schweizerin zu keiner Zeit eine Option. Anfangs musste sie sich den Respekt ihrer männlichen Kollegen hart verdienen. Diese waren sich nicht sicher, ob die körperlich anstrengende Arbeit für ihre weibliche Kollegin auch zu schaffen ist.
Karin ließ sich dadurch nicht beirren und zeigte, dass es immer mehrere Wege gibt, um eine Aufgabe zu meistern.
Tätigkeiten
Ihre Tätigkeit selbst ist sehr abwechslungsreich, aber auch anstrengend. Besonders im Sommer müssen eine Vielzahl von unterschiedlichen Aufgaben in einer verhältnismäßig kurzen Zeit gewissenhaft erledigt werden. Denn die gesamte Seilbahn muss überprüft und gewartet werden. In dieser Zeit ist Karin viel draußen auf den Stützen oder sie hängt direkt an den Seilen selbst. Es werden alle Teile der Bahn kontrolliert und jede Rolle in der Werkstatt zerlegt und gereinigt.
Elektrische Teile müssen dabei genauso gewartet werden wie mechanische, was ein breites Fachwissen der verantwortlichen Personen erfordert. Doch neben allen handwerklichen Aufgaben darf auch der Frühjahrsputz nicht fehlen. Denn nach einem langen Winter muss jede Gondelkabine mit einem speziellen Öl poliert werden, um wieder fi t für den Wintereinsatz zu sein.
„Besonders spannend ist es auch, wenn die schweren Maschinen im Sommer mit der Gondel auf den Berg gebracht werden. Da fragen sich die Besucher oft, was wir da machen und ich freue mich, ihnen zu erklären, dass wir die oben unter anderem brauchen, um die Holzschnitzel zu den Schneedepots zu bringen. Wenn dann später auch noch der Heli dazu gerufen wird, weiß man, es ist ein guter Tag im Job,“ erzählt Karin fröhlich.
Im Winter liegt dann das Tätigkeitsfeld eher in den Stationen. Zwar sind tägliche Kontrollen der Bahn nötig, doch nun steht der reibungslose Ablauf des Bahnbetriebes im Vordergrund. Nun gibt es auch mehr Möglichkeiten mit den Gästen zu sprechen und sich ihre Geschichten anzuhören oder die technisch Interessierten über die Eckdaten der Bahn zu informieren.
Die Pendelbahn, für die Karin die Verantwortung trägt, bringt die Passagiere auf 3.000 Meter Höhe und sorgt damit bei einer Fahrt für einen Höhenunterschied von 1.200 Metern. Im Winter wird diese Strecke mit einigen kurzen Pausen von der Anlagenchefin ungefähr zwölf Mal am Tag gefahren. Gerade zu Beginn der Saison muss sie sich an den ständigen Höhenunterschied erst einmal wieder gewöhnen.
Trotz Problemen mit ihrer Bandscheibe ist sich Karin sicher, dass sie bei den Bergbahnen genau richtig ist. „Viele fragen mich immer, ob das gesundheitlich das richtige für mich ist und ich antworte darauf nur, für die Bandscheibe ist die Bewegung gut und es wäre viel schlimmer den ganzen Tag nur herum zu sitzen.“ Ein reiner Bürojob kam für die Schweizerin noch nie in Frage. Da nimmt sie es lieber einmal mehr in Kauf, bei extremer Hitze oder Kälte draußen zu arbeiten.
Vom Gefühl des Schwebens bis hin zu den technischen Besonderheiten, hat sich Karin in ihrem Leben für alle Bereiche einer Seilbahn interessiert. Heute sind für sie, neben der Tätigkeit selbst, die Gespräche mit den Gästen immer etwas besonders und auch die Berge-Übungen haben es ihr angetan. Hier werden die Anlagenbetreuer geschult, im Ernstfall die Gäste zu beruhigen und sie sicher aus der Gondel abzuseilen. So viel Abenteuer findet sie sonst in keinem Job, da ist sich die junge Schweizerin sicher.