Werner Hanselitsch: Visionär, Teamplayer und postmoderner Philosoph

Der langjährige Geschäftsführer der Bergbahnen Obergurgl spricht im Interview mit der SI über nachhaltige Entwicklungen, die Zukunft des Tourismus und die Bedeutung des BergNetzWerk als Plattform für Zusammenarbeit zwischen Menschen aus Industrie, Tourismus und Bergbahnbetrieben.
SI Magazin: Herr Hanselitsch, seit 9 Jahren führen Sie sehr erfolgreich die Bergbahnen Obergurgl. Welches war bisher Ihr größtes Erfolgserlebnis?

Werner Hanselitsch: Mein größtes Erfolgserlebnis ist, dass ich die Chance bekommen habe, Geschäftsführer der Bergbahnen Obergurgl zu werden – und das, obwohl ich nicht aus dem Tal stamme. Die Gesellschafter haben mir von Anfang an großes Vertrauen entgegengebracht, was mich sehr motiviert hat.

Ein besonderes Highlight ist für mich auch die Organisation des VOI Fesch Kunstpreises – ein Projekt, bei dem Kunstwerke von Menschen mit Beeinträchtigungen auf Gondeln gedruckt werden. Diese Veranstaltung hat mir persönlich viel bedeutet, da sie zeigt, wie kreativ und inklusiv Tourismus sein kann.

Wie haben Sie sich in Ihrer Position durchgesetzt?

Ich sehe mich als jemanden, der verbindet und stets das große Ganze im Blick behält. Früher gab es eine stärkere Konkurrenz zwischen den Liftgesellschaften, heute arbeiten wir gemeinsam daran, die Region voranzubringen. Meine Philosophie: Wir können nur gemeinsam gewinnen – und wenn wir verlieren, dann
auch nur gemeinsam.

VOI Fesch

Der Kunstpreis zählt zu den Highlights von Hanselitsch.

© Philipp Schuster

Gab es in Ihrer Karriere auch Rückschläge?

Ich sehe Rückschläge eher als Lernprozesse. Aber eine der größten Herausforderungen für mich waren die Bauvorhaben. Ich habe gelernt, wie wichtig es ist, den Fokus auf die Technik und Funktionalität von Gebäuden und Bauvorhaben zu legen. Diese Grundlagen müssen immer an erster Stelle stehen – Design und Architektur können erst danach kommen.

Wie wird sich der Tourismus Ihrer Meinung nach verändern?

Die Gäste werden künftig noch stärker nach Erholung und einzigartigen Erlebnissen suchen. Sich von anderen Destinationen abzuheben, wird entscheidend sein.

Gleichzeitig beobachten wir eine zunehmende Stadtflucht – Menschen sehnen sich nach Rückzugsorten in der Natur, um dem Alltag zu entkommen.

Durch den Klimawandel wird die hohe Lage unseres Skigebiets zu einem großen Vorteil, da wir auch in wärmeren Wintern ein verlässliches Angebot bieten können. Zudem sehe ich großes Potenzial im Sommer: Besonders die junge Generation entdeckt die Berge zunehmend als ideale Urlaubsdestination. Dieses Potenzial möchten wir weiter ausbauen.

Werner Hanselitsch

Geschäftsführer der Bergbahnen Obergurgl

Was bedeutet es für Sie, dass der FIS Skiweltcup bei Ihnen stattfindet?

Der FIS Skiweltcup ist für uns eine Herzensangelegenheit. Neben der großartigen Werbung und dem Imagegewinn für unsere Destination beeindruckt mich besonders der Einsatz aller Beteiligten.

Unsere Mitarbeiter – und auch die Gesellschafter – sind mit Leidenschaft dabei. Ob auf der Piste, beim Vorbereiten oder im Hintergrund: Jeder trägt seinen Teil dazu bei, dieses Event zu einem unvergesslichen Erlebnis zu machen.

Wie setzen Sie Nachhaltigkeit bei den Bergbahnen Obergurgl um?

Nachhaltigkeit steht für uns an oberster Stelle. Wir nutzen ausschließlich Ökostrom, stellen auf Elektroautos um und setzen zukünftig HVO-Diesel bei unseren Pistengeräten ein, um unseren ökologischen Fußabdruck zu verkleinern.

Ein spannendes Projekt ist unser Schneezentrum in Obergurgl, wo moderne Beschneiungstechnologien entwickelt werden, um Wasser und Energie effizienter einzusetzen. Tirol ist ein Innovationszentrum in diesem Bereich, und wir wollen diesen Vorsprung weiter ausbauen.

Wie möchten Sie in Zukunft mehr Umsatz generieren – sowohl im Sommer als auch im Winter?

Der Sommer wird immer attraktiver und bringt automatisch mehr Umsatz. Im Winter hat uns Dynamic Pricing enorm geholfen, da es uns erlaubt, flexibler auf die Nachfrage zu reagieren.

Ein entscheidender Erfolgsfaktor ist zudem, dass unsere Gesellschafter das Geld stets im Unternehmen belassen haben, statt es auszuschütten. Dadurch konnten wir kontinuierlich investieren und uns langfristig weiterentwickeln.

In der nächsten Veranstaltung BergNetzWerk engagieren Sie sich als Beirat. Was schätzen Sie an diesem Event?

Das BergNetzWerk ermöglicht einen wertvollen Austausch zwischen Menschen aus unterschiedlichen Bereichen des alpinen Tourismus. Die verschiedenen Perspektiven helfen, voneinander zu lernen, sich zu unterstützen und gemeinsam innovative Lösungen zu entwickeln. Zudem können gezielt Wünsche und
Bedürfnisse gegenüber Unternehmen eingebracht werden, was die Zusammenarbeit stärkt.

Im Beirat des BergNetzWerk sind Männer und Frauen vertreten. Wie bedeutungsvoll ist diese Besetzung?

Der ausgeglichene Beirat ist ein wichtiger Schritt, um Gleichberechtigung zu fördern. Aus meiner postmodernen Perspektive geht es jedoch weniger um das Geschlecht, sondern vielmehr um den Menschen selbst: Welche Kompetenzen und Leidenschaft bringt jemand mit, und passt diese Person ins Team? Das sind die entscheidenden Fragen – unabhängig davon, ob es sich um einen Mann oder eine Frau handelt.

Um dieses Interview abzuschließen: Liegt Ihnen noch etwas am Herzen?

Ja, ich möchte meinen Kollegen und Mitarbeitern danken. Ohne sie würde das alles nicht funktionieren. Jeder bringt in seinem Bereich Expertise und Leidenschaft ein, und für dieses Engagement bin ich von Herzen dankbar.