Management & Tourismus, Planen & Bauen, SI 2/2020, SI-Alpin
DAS NEUE SÖLLERECK: MIT LEITNER ROPEWAYS, PRINOTH & DEMACLENKO
Henrik Volpert im Interview
„Das neue Söllereck wird DER Familienberg. Dazu entwickeln wir die Infrastruktur im Rahmen des Bestandes, jeder der vier Ausbauschritte ist für sich technisch unabhängig. LEITNER ropeways, PRINOTH und DEMACLENKO sind ist hier unsere wichtigsten Partner!“
Zurzeit investiert das Skigebiet Oberstdorf-Kleinwalsertal massiv in seine Infrastruktur. Vorstand Henrik Volpert spricht im SI Interview über den Masterplan der deutsch-österreichischen Destination mit dem Adler-Logo.
SI: Warum startet der Adler zurzeit durch?
Henrik Volpert: Seit drei Jahren treten unsere sieben Berge gemeinsam unter der Adler-Marke auf. Zudem sind mittlerweile alle fünf Gesellschaften in privater Hand, die noch dazu vom bayerischen Seilbahnförderprogramm profitieren. Wir können endlich den Investitionsstau auflösen! Während die Kanzelwand, das
Fellhorn und der Ifen bereits auf dem neuesten Stand sind, ist am Nebelhorn und am Söllereck noch viel zu tun.
Welche Rolle spielt denn das Söllereck?
Oberstdorf ist nach den urbanen Räumen die stärkste Ganzjahresdestination Deutschlands mit über 4,6 Millionen Übernachtungen jährlich. 50 Prozent des Umsatzes machen wir im Sommer. Das Söllereck spielt hier als Familienberg eine große Rolle. Im Winter besuchen 135.000 Gäste das Söllereck, im Sommer
220.000. Das Söllereck punktet mit leichten Wegen und Skiabfahrten, dem Allgäu Coaster, Kletterwald und weiteren Attraktionen. Doch lange Schlangen vor den Seilbahnen, eine leistungschwache Schneianlage, veraltete Infrastruktur und eine nur zu Fuß zu erreichende Talstation hemmen zurzeit noch eine positive Entwicklung.
Daher das Investitionsprogramm?
Ja, das neue Söllereck wird DER Familienberg. Wir wollen qualitativ hochwertige Erlebnisse schaffen. Moderne Seilbahnen, Schneianlagen und Pistenfahrzeuge sind ein Muss. Dazu entwickeln wir nach der Marktstudie dem Masterplan die Infrastruktur im Rahmen des Bestandes, um Grundeigentümer, das UVP-Verfahren und Umweltschützer zufriedenzustellen. Für den Gast entsteht jedoch ein komplett neues Bild. Insgesamt gibt bis 2022 vier Ausbauschritte, die für sich technisch unabhängig sind.
Mit der Schrattenwangbahn ist der erste Schritt bereits erfolgt?
Exakt, die neue 6er-Sesselbahn von LEITNER ropeways hat 2019 einen 50 Jahre alten Schlepplift ersetzt und sorgt nun mit Premium Sesseln EVO für kindersicheren, komfortablen Transport. Zudem haben wir bereits Teile der Beschneiung mit DEMACLENKO modernisiert, sowie vier PRINOTH-Pistenfahrzeuge
angeschafft.
Sie haben sich also für die Komplettlösung der LEITNER Unternehmensgruppe entschieden?
Nein, das ist Zufall – oder irgendwie auch nicht (lacht). LEITNER ropeways, DEMACLENKO und PRINOTH haben sich in offenen Ausschreibungen durchgesetzt.
Das haben die Firmen ihren jungen, kreativen und engagierten Mitarbeitern zu verdanken. Die Ausgangslagen waren aber unterschiedlich. PRINOTH durfte seine drei LEITWÖLFE und den HUSKY mit Personentransportkabine liefern, weil wir auf unseren anderen Bergen bereits gute Erfahrungen gemacht haben. Für DEMACLENKO ist es dagegen der erste große Auftrag.
Was hat Sie bei DEMACLENKO überzeugt?
Wir liegen auf nur 1.000 bis 1.500 Metern Höhe und haben kaum Tagestouristen, dafür aber viele Übernachtungsgäste. Für uns ist das Weihnachtsgeschäft essentiell. Deswegen brauchen wir eine extrem schlagkräftige Anlage, die nicht in den üblichen 72 Stunden grundbeschneit, sondern schon in 25. Hier hat DEMACLENKO das überzeugenste Konzept vorgelegt, in dem Performance und Preis in einem vernünftigen Verhältnis stehen.
Die vollautomatische Gesamtlösung für hundertprozentige Beschneiung umfasst Schneeerzeuger, Pumpstationen, Schächte und Infrastruktur. Dazu werden wir auch einen Speicherteich errichten. In unserer Entscheidung bestätigt haben uns die Sportstätten Oberstdorf. Diese lassen sich für die Nordische Ski-WM 2021 ebenfalls von den ‚Blauen‘ beliefern.
Herzstück des Masterplans ist aber wohl die Söllereckbahn?
Unsere Zubringerbahn in zwei Sektionen ist sicherlich das größte Projekt und wird heuer realisiert. Knackpunkt der Kabinenbahn ist die erste Sektion, die vom
Parkplatz zur derzeitigen Talstation führen soll und nur 348 Meter lang sein wird. Für Außenstehende ist das Irrsinn, wir können aber weder die Parkplätze
verschieben, noch die Gebäude rund um die derzeitige Talstation. Andere Lösungen, wie etwa ein Tunnel oder eine andere Seilbahntrasse, sind entweder unzulässig oder nicht sinnvoll.
Das Team von LEITNER ropeways hat sich aber intensiv um eine zufriedenstellende Lösung bemüht. Unter anderem deshalb hat das Unternehmen nicht nur den Zuschlag für die Söllereckbahn erhalten, sondern auch für die Sesselbahnen Wannenbahn und Höllwiesbahn, die 2021 und 2022 errichtet werden.
Wie sieht die Lösung für die Söllereckbahn konkret aus?
Beide Sektionen sind technisch getrennt. Die klassischen Skifahrer steigen vom Parkplatz in die blauen Premiumkabinen ein und fahren durch bis auf den Berg. Die Skischüler werden in grünen ‚Sölli‘- Kabinen transportiert und fahren nur die erste Sektion bis zur Zwischenstation. Wir werden dafür an der Talstation sogar
zwei getrennte Eingänge haben.
Erwarten Sie Synergien, da Sie auf die Unternehmen der Gruppe setzen?
Selbstverständlich. Von der Devise‚ ein Berg – ein System‘ verspreche ich mir vor allem im digitalen Bereich mehr Effizienz. Wir verwenden die digitale Resort
Management Plattform Skadii, mit der wir Seilbahnen, Pistenfahrzeuge und Beschneiung im Überblick kontrollieren können.
Blicken wir zum Abschluss über das Tal. Was tut sich am Nebelhorn?
Im Gegensatz zum Familienberg Söllereck positioniert sich das Nebelhorn als hochalpines Ausflugsziel – das Nebelhorn ist ja ein Must-have jedes Allgäu- Urlaubs. Selbst im Winter haben wir in dem anspruchsvollen Skigebiet 40 Prozent Fußgänger. Die 90 Jahre alte Nebelhornbahn stößt vor allem im Sommer an ihre Grenzen, teilweise haben wir zwei Stunden Wartezeit. Deswegen werden die ersten beiden Sektionen durch eine Zweiseilumlaufbahn, kurz 2S, ersetzen.
Das ist ein seltenes Seilbahnsystem.
LEITNER ropeways hat sich wirklich ins Zeug gelegt und extra für uns eine Neuentwicklung bei vernünftigem Preis angeboten. Eine klassische Pendelbahn wollten wir aus Komfortgründen nicht, eine Einseilumlaufbahn war wegen der zu langen Spannfelder und Bodenabstände nicht möglich. Das 3S-System
wiederum wäre zu breit für unsere Trasse, mit seiner hohen Förderleistung überdimensioniert und schlicht zu teuer.
LEITNER ropeways vereint mit seinem neuen 2S-System das Beste aus 1S und 3S Technologie. Zusammen mit der Talstation aus einer Glas-Rippen-Konstruktion
wird die Nebelhornbahn zum städtebaulichen und technischen Wahrzeichen Oberstdorfs!
Das Interview führte Thomas Surrer