SI 4/2023, SI-Alpin, Wartung & Service
Seilpflege: Neue Entwicklungen und Tipps
Ganz lässt es sich nicht vermeiden: Seile ermüden durch das Biegen über die Scheiben, aber der Prozess lässt sich durch die Pflege des Seils verzögern. Zu diesem Aspekt hat die OITAF (Internationale Organisation für das Seilbahnwesen) auf der Interalpin 2023 ihre Erfahrungswerte zur Verlängerung der Lebensdauer von Seilen präsentiert.
Die SI hat mit Seilexperte Konstantin Kühner darüber gesprochen, wie man Seilbahnseile richtig pflegt und welche neuen technologischen Entwicklungen es in diesem Bereich gibt.
„Zunächst muss ich sagen, natürlich kann man nicht alle Seilfunktionen und Bahntypen in einen Topf werfen, aber grundsätzlich gilt: Durch über zehntausend Biegewechsel ermüdet das Seil. Die einfachste Methode, diesen Prozess zu verlangsamen ist, weniger zu fahren (in dem man im halbstunden Takt fährt und Gäste in Gruppen befördert) oder langsamer fährt, aber da muss man sich ansehen, ob sich das aus wirtschaftlicher Sicht umsetzen lässt. Zum Beispiel bei schlechtem Wetter“, sagt Konstantin Kühner.
Seile geschmeidig halten
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der dazu beiträgt, die Lebensdauer des Seils zu verlängern ist die Schmierung. „Damit das Seil gut fährt, sollte es regelmäßig mit wenig Öl geschmiert werden. Denn zu viel Öl ist auch nicht optimal. Der Schmierstoff sollte natürlich zu den Komponenten passen. Es gibt auch bereits tolle Entwicklungen, wie automatische Seilöler, die tropfenweise Öl abgeben oder Schmierautomaten, die dabei helfen, die richtige Schmiermenge zu finden“, so Kühner.
Spleiß bei Umlaufbahnen pflegen
Der Spleiß ist laut Kühner das Erste, das im Betrieb versagt, wenn das Seil nicht richtig gepflegt wird. „Wichtig ist, den Spleiß im Blick zu behalten und rechtzeitig das Seil zu kürzen. Hier gilt es vorausschauend zu planen, damit ich genug Spielraum habe“, erklärt Kühner.
Vorrausschauende Wartung ist generell ein wichtiges Stichwort in der Seilpflege. Viele Schäden ließen sich bei der Inspektion rechtzeitig erkennen, bevor sie zum Problem werden. „Kleinere Schäden wie Kratzer oder Riefen kann ich mit einem geschulten Auge bei der Sichtprüfung entdecken und selbst mit Schmirgelpapier abschleifen. Dadurch vermeide ich als Betreiber, dass rasch Drahtbrüche entstehen und es verlängert die Lebensdauer des Seils”, so Kühner.
Generell gelte: die Kontaktstellen wie Rillenradien, Spur und Klemmen sowie Witterungsbedingungen (beispielsweise mögliche Blitzschläge) und die Fahrzeiten im Blick zu behalten.
„Im Sommer fahre ich zum Beispiel oft durchgehend, wenn ich dann meine Inspektionen oder Wartungen nach Zeit plane, kann es sein, das es dann bereits zu Entwicklungen am Seil gekommen ist, die sonst länger dauern würden.
Konstantin Kühner, Seilexperte
„Und was manchmal auch sehr hilfreich sein kann Fragen stellen – zum Beispiel ins benachbarte Skigebiet gehen und zu fragen, ob man da den Fehler kennt und behoben hat. Das spart oft auch Geld ein: Weil Erfahrungsausstausch ist in der Regel kostenlos“, ergänzt Kühner.
Neue Entwicklungen in der Seilpflege
KI ist auch in der Seilbahnbranche ein Thema. Beispielsweise bei der Suche nach Schäden und deren Lokalisation am Seil. „Ein französischer Softwarespezialist erforscht den Einsatz von Künstlicher Intelligenz bei der Seilprüfung. Mit der magnetinduktiven Prüfung kann ich die Schäden sicher feststellen, aber ich brauche noch immer die Sichtprüfung, um spezielle Schäden zu beurteilen. Die KI kann das Signal umwandeln und anzeigen, wo das Problem liegt“, schildert Kühner.
Eine bürokratische Neuerung sind die individuell angepassten Betriebsanlagen, auch für kleinere Anlagen. „Das ist wichtig, weil schon bei Inbetriebnahme der Anlage für einen angepassten Wartungsplan gesorgt werden kann. Früher wurde das nicht ganz so konsequent durchgezogen.“
Zudem gibt es mittlerweile auch einige Softwartools, die bei der Wartungsplanung unterstützen können. „Immer öfter wird auch eine schnelle Kontrolle mit einer Drohne durchgeführt. Dadurch wird die Sicherheit der Mitarbeiter erhöht“, schließt Kühner.
Seil vor dem Abschleifen.
Dasselbe Seil nach dem Abschleifen. Fotos: Konstantin Kühner