
Digitalisierung & Innovation, SI 2/2025, SI-Alpin
Tedamos: Den ganzen Berg im Geoblick
Was sich am Berg tut, ist für Bergbahner höchst relevant: Inwieweit taut der Permafrost? Wie rasch schmilzt der Gletscher? Wie schnell rutscht der Hang? Wie viel Schnee benötige ich für Snowpark und Snowfarming?
Eine Plattform für alle Geodaten
All diese Fragen können mit Geodaten beantwortet werden. Diese werden durch manuelle und automatische Messungen gewonnen, im Falle von GRÜNENFELDER mit Sensortechnologien aus der Luft, vom Boden aus und auch Untertage.
Hinzu kommen Daten von Dritten, wie MeteoSwiss, Behörden, Ingenieurbüros etc.. Aufbereitet und dokumentiert werden diese dann im Geomonitoring-Portal TEDAMOS. Dieses visualisiert und dokumentiert die manuelle oder automatische Überwachung von Stationen, Stützen, Fundamenten und Gelände.
„Wir präsentieren alle projektbezogenen Informationen unmittelbar nach der Auswertung auf dem Web-Kundenportal in Grafiken und Berichten“, berichtet Marco Larghi, Projektleiter bei GRÜNENFELDER. Der Zugang zum Webportal ist projektspezifisch mit einem Passwort geschützt.
Hier hilft TEDAMOS:
Verschärfte Normen zwingen Bergbahnen teils dazu, die Standfestigkeit alter Stützen nachzuweisen.
Besseres Verständnis der Daten
Die Resultate werden vielfältig dargestellt: Auf Übersichtskarten, tabellarisch, in Querschnittsansichten, Weg-Zeitdiagrammen oder Heatmaps.
„So verstehen Bergbahner die Daten schneller und können diese leichter interpretieren, als wenn sie sich durch Excel-Listen mit Koordinaten quälen müssen“, betont Larghi. TEDAMOS hilft vielmehr dabei, die Daten auszuwerten und zu analysieren.
Eine Alarmfunktion informiert die Verantwortlichen automatisch per SMS, E-Mail, Sprachnachricht oder Anruf, sofern sich das Gelände oder die Infrastruktur gravierend verschiebt. Zudem geht auch kein Wissen verloren, wenn Mitarbeiter die Bergbahn verlassen oder die beratenden Ingenieure wechseln.
Alle Daten sind auf TEDAMOS gesammelt – auch historische.
Bergbahn-Monitoring
Die bekannteste Anwendung der Plattform TEDAMOS ist das klassische Bergbahnmonitoring: Seilbahninfrastrukturen verschieben sich durch Hangrutsche, fließende Gletscher oder tauende Permafrostböden. Das ist gefährlich, unberechenbar und auch finanziell ein Problem.
„Unser vollautomatisches Geomonitoring überwacht permanent Änderungen an Stützen, Stationen und Gelände. So verstehen Bergbahnen besser den Zusammenhang von Naturgefahren und Infrastruktur und profitieren von einem vorausschauenden Warnsystem, um gegebenenfalls rechtzeitig Maßnahmen zu
ergreifen“, betont Larghi.
Beispiel St. Moritz
Ein gutes Beispiel ist hier St. Moritz. Unter der Bodenplatte einer Bergstation taut der Permafrost, was zu deren vertikalen Versatz und horizontaler Verschiebung führt. Eine permanente Überwachung ist zwingend erforderlich. In Bohrlöchern installierte Thermistorenketten messen dazu ständig die Temperatur alle zwei Meter bis in 18 Metern Tiefe.
St. Moritz
Die Werte der in den Bohrlöchern installierten Thermistorenketten in St. Moritz werden im Portal TEDAMOS angezeigt. Der Permafrostboden ist bis weit in den Herbst hinein außergewöhnlich warm.
GRÜNENFELDER vermisst zudem einmal jährlich verschiedene Deformationen per Drohne aus der Luft. „Die Messwerte werden in der Software TEDAMOS automatisch aufgezeichnet und visualisiert“, so Martin Rub, Teamleiter Monitoring vom Schwesterunternehmen TERRADATA.
Die aufbereiteten Daten im TEDAMOS helfen dem Betreiber einen guten Überblick zu behalten und unterstützen ihn dabei, die Sorgfaltspflicht einzuhalten und entsprechend die Betriebssicherheit zu gewährleisten.
Naturgefahren-Monitoring
Ein weiterer Einsatz von TEDAMOS ist die Überwachung von Berghängen und Gletschern, um Pisten, Gebäude oder Straßen abzusichern. „Zwei aktuelle Beispiele sind die Problemhänge an der Passstraße am Hübschhorn im Kanton Wallis und an der Kantonstraße zum evakuierten Dorf Brienz-Brinzauls in Graubünden“, schildert Rub.
GRÜNENFELDER überwacht dort aus der Luft, am Boden und im Untergrund Flächen von bis zu 3,5 Millionen Quadratmetern – mit monatlichen Drohnenflügen, permanenten Geosensoren und stationären GPS-Sendern. Der Wasserdruck in 150 Metern Tiefe wird ebenso gemessen, wie die Erschütterungen an Gebäuden.
Dank Orthofotos
TEDAMOS zeigt ein – auf einzelne Steine genaues – Bild des Berghangs am Hübschhorn. Die roten Vektoren belegen Bewegungen des Gerölls, die blauen und roten Flächen deuten auf Deformationen an der Oberfläche aufgrund von Höhenveränderungen hin. Die Flächen sind Layer aus der Permafrost-Hinweiskarte des Schweizer Bundesamtes für Naturgefahren (BAFU).
„In TEDAMOS können Epochen übereinandergelegt und so Veränderungen festgestellt werden. Sogar die Volumina und Kubaturen von einzelnen Steinen und Schütthaufen werden mit Schnitten und 3D-Modellen berechnet“, sagt Rub. Besonders wichtig für Behörden: Mit TEDAMOS können die Verantwortlichen nicht nur die Prozesse verstehen und interpretieren – sondern auch Zusammenhänge und Maßnahmen begründen und deren Ausmaß abschätzen.
Speichersee-Monitoring
Für Skigebiete relevant ist zudem das Vermessen von Speicherseen. Rub nennt dazu folgendes Beispiel: „Der Lüschersee der Bergbahnen Tschappina in Kanton Graubünden wurde vor langer Zeit entleert und soll nun wieder genutzt werden. Die Behörden hatten jedoch Bedenken, dass der Damm durchnässt und somit ins Rutschen kommen könnte. Dank TEDAMOS konnten wir diese Angst entkräften.“
Vielseitige Anwendungen:
TEDAMOS lässt sich auch bei Speicherteichen vielfältig anwenden, etwa um die Stabilität der Böschung zu messen oder um das Schnee-Wasser-Äquivalent herauszufinden (Schneewaage).
GPS anstatt Schneewaage
Ein weiterer spannender Anwendungsfall ist das Messen des Schnee-WasserÄquivalents mit GPS. „Für den Kraftwerksbetreiber Axpo berechnen wir durch TEDAMOS, mit wie viel Wasser er im Speichersee rechnen kann, wenn der Schnee geschmolzen ist“, erläutert Rub.
Konkret zeigt der eingeschneite GPS-Sender eine „falsche“ Position an, die Rückschlüsse auf den Wassergehalt des Schnees gibt. „Diese Methode ist günstiger und genauer als eine Schneewaage“, so Rub.
Snowparks & Snowfarming
Eng mit diesem Thema verwandt ist das Snowfarming. Seit einigen Jahren lagern Skigebiete vermehrt Schnee über den Sommer. „Dank der Volumenberechnung in unserem Portal TEDAMOS wissen die Betreiber, wie viele Kubikmeter Schnee zur Verfügung stehen oder über den Sommer verloren gegangen sind“, sagt Larghi.
Ein aktuelles Anwendungsbeispiel ist die Freestyle WM 2025 im Skigebiet Corvatsch, im Kanton Graubünden. Auch bei Snowparks kommt die Technologie zum Einsatz. „Mit einem exakten Geländemodell im Sommer und hochauflösenden Luftbildern im Winter erstellen wir eine aktuelle, präzise und umfassende Datengrundlage“, versichert Larghi.
Beispiel Corvatsch
TEDAMOS vergleicht die Halfpipes der Freestyle-WM in Corvatsch mit dem tatsächlichen Gelände, um Maschinenstunden und die technische Beschneiung zu optimieren.
Im Fall der Halfpipes in Corvatsch wurde im ersten Schritt das Gelände im Sommer mit Drohnen erfasst und im Anschluss exakter aufmodelliert. Nun im Winter präparieren die Pistenmaschinenfahrer dank eines 3D-Schneemodells den Snowpark tatsächlich so, wie ursprünglich geplant.
Das spart Maschinenstunden und technischen Schnee. Zudem sind die Athleten sicherer unterwegs, da die Absprungwinkel und die Landezone exakter gebaut werden.