BONFIRE AG: DESTINATION DIGITAL DENKEN

Andreas Mazzone im Interview: "Wir wollen Zermatt zum besten digitalen Bergdorf der Welt machen. Die Convenience für den Gast steht im Vordergrund, die digitale Fitness der Leistungspartner im Hintergrund!"

Mit dem Gewinn des Schweizer Tourismuspreises Milestone ist die Bonfire AG endgültig zum Vorbild aufgestiegen, was die konsequente Digitalisierung einer Bergdestination anbelangt. Das Start-Up der Zermatt Bergbahnen AG und Zermatt Tourismus wird von Andreas Mazzone geführt. SI sprach mit ihm über Ideen, Strategien und Nutzen der Bonfire AG.

SI: Herr, Mazzone, wann entschied Zermatt digital zu werden?

Mazzone: Unsere Destination hat den Megatrend Digitalisierung schon früh als Chance und nicht als Gefahr erkannt. Bereits 2015 war allen klar, dass wir nur gemeinsam digital werden können. Was nützt es, wenn einer ein Tool entwickelt, dass sonst keiner nutzt. Deswegen hat Zermatt Tourismus bereits vor fünf Jahren ein E-Fitness-Programm gestartet. Hoteliers und Gastronomen erhielten kostenlos Schulungen, Workshops und Unterstützung, um ihre Auftritte im Web und Social Media zu verbessern.

Und dann kam die Bonfire AG?

Die Technologie entwickelt sich dermaßen schnell, wir erkannten, dass wir disruptiv und proaktiv handeln müssen. So haben wir 2018 die Bonfire AG gegründet, die seitdem für alle Digitalisierungsfragen der Destination verantwortlich ist. Wir wollen Zermatt zum besten digitalen Bergdorf der Welt machen. Die Convenience für den Gast steht im Vordergrund, die digitale Fitness der Leistungspartner im Hintergrund.

Wie dürfen wir uns den Arbeitsprozess vorstellen?

Eine Strategiegruppe aus Vertretern der Bergbahnen, des Tourismusverbands, des Hotelverbands, des Gastrovereins, des Gewerbeverbands, des Appartementvereins und der Gemeinde diskutieren die digitalen Baustellen und erstellen ein Konzept bzw. ein Anforderungsdokument für die jeweilig notwendige Lösung. Dazu wird ein Datenschutzanwalt konsultiert. Anschließend werden externe Firmen mit der Entwicklung beauftragt. Nach Tests mit Pilotpartnern wird das Endprodukt allen Leistungspartnern, etwa Hotelliers oder Gastronomen, angeboten.

Wie finanziert sich dann die Bonfire AG?

Wir sind eine reine Cash-Burning-Unit und erhalten unser Geld von der Zermatt Bergbahnen AG und Zermatt Tourismus. Wir sind quasi die Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Destination. Je nach Projekt sind zehn bis zwölf Personen involviert, ich selbst behalte das Big Picture im Auge.

Welche digitalen Produkte und Lösungen haben Sie bereits umgesetzt?

Grundlage für die digitale Architektur Zermatts ist unser Data Warehouse. Das ist eine Datenbank, in der alle Systeme vernetzt und die Daten zusammengetragen
werden. So geben wir unseren Informationsschatz nicht an Buchungsplattformen, wie Booking.com oder Expedia weiter. Wichtig ist hier unser digitales Meldewesen. Der Gast muss beim Einchecken keine Daten mehr eintragen, sondern kann gleich seinen Willkommens- Drink genießen.

Zudem haben wir die Matterhorn-App lanciert, sowie Planungs- und Analysetools für die Social Media Auftritte unserer Leistungpartner entwickelt. Nichtzuletzt entstand das wegweisende Dynamic-Pricing-System der Zermatt Bergbahnen AG in Zusammenarbeit mit Bonfire. Die Bergbahnen haben den wesentlichen Teil dazu beigetragen.

Was ist die Idee hinter der Matterhorn-App?

Die Mobile-First-Lösung soll den Gast über seinen gesamten Aufenthalt hinweg begleiten und seinen Besuch so bequem und angenehm wie möglich machen – Stichwort Convenience. In der Matterhorn- App findet der Gast alle wichtigen Infos über Wetter, Schnee, Pisten, Anlagen und Events, Zug- und E-Bus-Pläne, sowie Karten über Points of Interest.

Zudem kann er im Online-Shop Skitickets buchen, Plätze in Restaurants reservieren und Push-Nachrichten über Warnungen oder wichtige Ankündigungen erhalten. Über 95.000 Nutzer haben die App seit dem Launch Ende 2018 heruntergeladen, sie in den App-Stores durchwegs positiv bewertet und laut Nutzungsdauer rege genutzt. Auch bei den Leistungspartnern trifft die App auf Resonanz.

Mit der App ist es mit der digitalen Gästebetreuung aber noch nicht getan.

Gästebetreuung aber noch nicht getan. Deswegen haben wir ja Tools entwickelt, mit denen die Leistungspartner ihre Social Media Auftritte organisieren können, indem sie etwa rasch auf negative Postings reagieren oder die richtigen Hashtags verwenden. Hinzu kommt unser CRM-System, mit dem wir im Design und im Namem des jeweiligen Hotels dem Gast sieben Tage vor Beginn seines Aufenthalts eine Pre-Mail senden – mit Willkommensgruß, Infos zur Anreise, Eventkalender und Download-Link zur Matterhorn- App. Drei Tage nach seiner Abreise erhält der Gast dann eine Post-Mail mit Dankesgruß und der Bitte, den Aufenthalt zu bewerten.

Welche zukünftigen Pläne verfolgt Bonfire?

Mittelfristig wollen wir – wie etwa die Weisse Arena AG mit ihrer Inside Laax App – das Engagement unserer App-Nutzer erhöhen, Dazu werden wir ein Punkte- bzw. Loyalitätssystem in die App integrieren. Langfristig wollen wir unabhängiger von Buchungsplattformen werden, etwa durch einen eigenen Marktplatz. Das ist zwar schwierig aber machbar.

Welchen Herausforderungen steht Bonfire auf dem Weg dorthin gegenüber?

Bei allen Produkten, die wir entwicklen, müssen wir stets unsere technisch saubere Datenstruktur erhalten. Ein Wirrwarr an digitalen Lösungen und Daten wäre fatal. Wir dürfen nie das große Bild aus dem Auge verlieren: Die Destination Zermatt-Matterhorn umfassend, gemeinsam und digtial zu denken!

Das Interview führte Thomas Surrer