Berg.Bahn.Camp 2022: Dienst-Leisten neu verstehen

Gemeinsam und persönlich den „Future Mountain Service“ gestalten – das war das Ziel des Berg.Bahn.Camp 2022 in Sölden. Dafür sorgten spannende Keynotes, eindrückliche Pitches und intensives Netzwerken.

Das Thema „Future Mountain Service“ zog sich wie ein roter Faden durch das Berg.Bahn.Camp 2022 in Sölden. Mehr als 90 Seilbahner, Touristiker und Zulieferer trafen sich zum intensiven Austausch am Gaislachkogel, durch die drei Tage führte Wolfgang Eder von MOUNTAIN EXCELLENCE.

Das Beispiel Ötztal

Den Auftakt machte die Podiumsdiskussion im Hotel Central. Jake Falkner, Geschäftsführer der Bergbahnen Sölden, betonte, dass mit einem Mehr an Technologie immer auch ein Mehr an Emotion einhergehen muss. Dienst-Leistung mache den Unterschied: „Ich verstehe nicht, warum der Tourismus im eigenen Land so schlecht gemacht wird“, so Falkner weiter.

Oliver Schwarz, GF Ötztal Tourismus, ging auf die Wachstumsstrategie der Destination ein. „Wir positionieren uns klar auf Sport und Unterhaltung und sagen zu Alternativen auch mal Nein.“ Einheitliche Kanäle, Leitbetriebe, die vorangehen und überschaubare Führungsstrukturen seien Erfolgsfaktoren.

Sein Kollege Benjamin Kneissl, Obmann von Ötztal Tourismus, betonte, dass das Marketing nach innen genau so wichtig ist, wie das nach außen. „Wir haben einen Lebensraummanager etabliert, um die Tourismusgesinnung in der Bevölkerung zu verbessern.“

Philipp Falkner, Prokurist der Bergbahnen Sölden, sieht trotz Krisen optimistisch in die Zukunft, da der Tourismus Emotionen transportiert: „Wir, die dritte Touristiker-Generation, konzentrieren uns nicht nur auf die Hardware, sondern auch auf die Software und agieren in kürzeren Abschnitten als in einem regulären Geschäftsjahr!“

Über die Zukunft des alpinen Tourismus am Beispiel Ötztal diskutierten
im Hotel Central (v.l.):

Oliver Schwarz, GF Ötztal Tourismus, Benjamin Kneissl, Obmann Ötztal Tourismus, Moderator Wolfgang Eder sowie Jakob und Philipp Falkner, beide von den Bergbahnen Sölden.

Erfolgsfaktor Gästezufriedenheit

Den zweiten Tag leitete Michael Partel von Mountain Management ein. Der Studienautor von Best Summer & Best Ski Resort sprach über Faktoren, Erwartungen und Bedürfnisse, die den aktuellen und zukünftigen Erfolg des alpinen Ganzjahrestourismus prägen.

Die Konkurrenz seien weniger andere Skigebiete, als vielmehr Billigflugreisen und Kreuzfahrten. Partel plädierte dafür, noch mehr Entscheidungen auf Basis von objektiven Daten zu treffen. Hierzu zählt auch die traurige Zahl, dass nur zwei Prozent der Mitarbeiter ihr eigenes Skigebiet empfehlen würden.

„Die erlebbare Qualität eines Skitages beginnt bereits beim Parken“, mahnte Keynote- Speaker Mike Partel.

„Lokale Mitarbeiter sind wichtig, um die Region zu erreichen und weiterempfohlen zu werden“, so Bernhard Bründl.

Erfolgsfaktor Servicelevel

„Wir fokussieren uns auf den höchsten Qualitäts- und Servicelevel!“ – das war die Kernaussage von Bernhard Bründl. Der Aufsichtsrats-Vorsitzende des gleichnamigen Sporthändlers sprach über Unternehmeskultur, Mitarbeiter-Bildung am Beispiel der Bründl-Akademie und wie man die Begeisterungsfähigkeit von Kunden und Personal steigern kann. „Wir sprechen hier von Magic Moments,“ so Bründl.

Der grüne Berg

Über Nachhaltigkeit im Seilbahneralltag sprach Dr. Gunther Suette, Präsident des OITAF Umweltausschusses. Er stellte das Regelblatt 221 – „Skipisten und Betrieb von Beschneiungsanlagen“ des Österreichischen Wasser- und Abfallwirtschaftsverbandes vor, ging zugleich aber auch auf die Energieeffizienz in Seilbahnbetrieben, Wildtiere in Wintersportgebieten und die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) ein.

„Wasser wird für die Beschneiung genutzt – nicht verbraucht. Kommunizieren Sie das entsprechend“, forderte Dr. Gunther Suette.

Der digitale Berg

Über Innovative Technologien als Serviceverstärker im alpinen Tourismus referierte der Zukunftsbotschafter Jörg Eugster. Vier Themen standen besonders im Fokus: Social Media und Mobile Marketing, Argumented und Virtual Reality, Blockchain, Kryptos und Token, sowie 3D-Welten und das Metaverse. Spannend war besonders, wie viel bereits Realität ist – auch in Skigebieten.

„Digitalisieren Sie zuerst die wichtigsten Kundenprozesse von Grund auf neu“, empfahl Zukunftsbotschafter Jörg Eugster.

„Zertifiziertes, regionales Wildpflanzensaatgut sorgt für die ideale Begrünung von Skipisten“, erklärte Christian Tamegger.

Der heimische Berg

Gänzlich analog war dagegen der Vortrag von Christian Tamegger geprägt. Der Geschäftsführer von KÄRNTNER SAATBAU sprach über regionales Wildpflanzensaatgut zur Begrünung in Skigebieten.

Als Medienpartner und Mitveranstalter war das SI Team stark am Berg.Bahn.Camp vertreten (v.l.):

Redakteur Jonas Graser, Eventleiterin Simone Strobl, Herausgeber Gerald Pichlmair, Administration Hannah Auer und Redakteur Thomas Surrer.

Pitches der Aussteller

Produktspezifische Informationen zu seinen Saatgutmischungen lieferte Christian Tamegger – wie die anderen Aussteller – im Rahmen seines Pitches. Dabei gingen die Teilnehmer in Gruppen von Unternehmen zu Unternehmen, um sich die Produkte und Dienstleistungen anzusehen.

Kevin Lehmann stellte die – für Skigebiete relevante – Parking-App PARKSTER vor.

Parking-App Parkster

So warben Kevin Lehmann, Kamila Hirner und Patrick Lundberg für ihre Parking-App Parkster. Mit ihr können Skigebiete ihre Tarifstruktur anpassen und diese unkompliziert abbilden.

Inhaber von Bergbahntickets oder Skipässen parken zu günstigeren Tarifen oder sogar kostenlos, Wanderer dagegen nur zu einem höheren Normaltarif. Der Gast kann den digitalen Parkschein mit seinem Handy noch direkt am Auto oder schon auf dem Weg zum Skilift oder zur Bergbahn lösen.

Moonbike: Attraktion & Nutzfahrzeug

Klaus Kramser und Sascha Ortner präsentierten ihr MoonBike: Das erste vollelektrische Snowbike eignet sich sowohl als Nutzfahrzeug im Seilbahneralltag, als auch als neue Attraktion für Gäste. Leicht, leise und ohne Emissionen – das zeichnet das innovative MoonBike aus, das im vergangenen Jahr bereits mehr als dreihundertfach verkauft wurde. Es vereint die klimafreundliche Freiheit eines E-Bikes mit der Power eines Motorrads.

Sascha Ortner (rechts) präsentierte sein elektrisches MoonBike im Rahmen der Pitches.

Jakob Soukup pitchte sein GRAVITY CART – eine CE-zertifizierte Ganzjahresattraktion.

Gravity Cart: Zertifiziert und zugelassen

Die Ganzjahresattraktion Gravity Cart wurde von Jakob Soukup vorgestellt. Das Fahrzeug ist CE-zertifiziert und für die Straße zugelassen. So können auch (teil)-öffentliche Wege als Abfahrten genutzt werden. „Zudem hat das Gravity Cart einen verstellbaren Sitz. Wir können mit einem Cart alle Größen abdecken – vom Kind bis zum Erwachsenen. Der Kunde muss also nicht verschiedene Modelle erwerben“, freute sich Soukup, der das Fahrzeug auch zum Leasing anbietet.

BIKE ENERGY: Ladekabel & Stationen

Schon vor zehn Jahren, als E-Bikes noch kein Thema waren, machte sich die Firma BIKE ENERGY bereits Gedanken über die Lade-Infrastruktur. Mittlerweile ist das Unternehmen von Peter Schitter eine echte Größe am Markt. Er präsentierte das selbst entwickelte Ladekabel mit Adapter für alle gängigen Fahrrad-Marken und die Ladestationen, welche Tourismusbetriebe für ihre Gäste installieren können. Denn E-Bike-Fahrer sind eine ernstzunehmende Zielgruppe.

Peter Schitter von BIKE ENERGY betonte die Relevanz der Lade-Infrastruktur für E-Bikes.

Die Schneefrässchleuder Snowbeast war ein Hingucker, Benjamin Steiner präsentierte sie.

Das Snowbeast von ZAUGG

Im Außenbereich stellte die Firma ZAUGG ihre Schneefrässchleuder Snowbeast vor, CEO René Mannhart durfte dazu sogar referieren: „Mit unserer Schneefrässchleuder Snowbeast werden Tubing-Bahnen möglich“. Mehr dazu in Kürze auf simagazin.com.

Der Berg als Marke

Der dritte Tag stand ganz im Zeichen der Sessions, hier konnten die Teilnehmer selbst entscheiden, welchen inhaltlichen Input sie sich holen möchten. Zuvor gab Christoph Engl, CEO der Oberalpgruppe, seinen Input zum Thema „Der Berg als Marke“. Laut ihm kaufen immer weniger Menschen einen Berg als Produkt, sondern vielmehr als eine Idee. „Man kann nur einer Idee folgen und sich mit einer solchen identifizieren. Mit Produkten, welche nicht Ausdruck einer starken Idee sind, funktioniert das nicht“, so Engl.

„Menschen kaufen kein Produkt, sie kaufen eine Überzeugung“, versicherte Christoph Engl, CEO der Oberalp Gruppe.

Ob beim Mittagessen (links), während der Kaffeepause auf der Terrasse (Mitte) oder beim Dinnerempfang: Es gab genügend Zeit zum Netzwerken.

Sessions der Teilnehmer

Anschließend teilten sich Teilnehmer in Gruppen auf und besuchten die verschiedenen Sessions. Die erste „Line“ drehte sich um Mitarbeiter und Teams. Benny Pregenzer, Vorstand der Bergbahnen Fiss – Ladis und Leiter der Projektgruppe Mitarbeiter des Fachverbands Seilbahnen, erarbeitete mit den Teilnehmern die erfolgreiche Kommunikation mit Mitarbeitern und Gästen.

Markus Redl forderte per Videochat eine österreichweite Saisonkarte als Upgrade zum Klimaticket.

In der Sessionline 2 wurden Szenarien zur Zukunft des alpinen Wintersports entworfen. Markus Redl, Geschäftsführer der ecoplus Alpin GmbH, sprach über den Ski.Board.Winter 2030.

Martin Dolezal, Geschäftsführer der Snowsports Academy und Präsident des Wiener Ski-& Snowboardlehrer-Verbandes, schilderte, wie die Skischule im nächsten Jahrzehnt aussehen könnte.

Wolfgang Heinzl, Vizepräsident des Wiener Ski-& Snowboardlehrer-Verbandes, stellte wiederum das Online-Tool „Learn how 2 ski“ vor – und wie man damit besser Skifahren lernen kann.

„Inflation, Energieunsicherheit, Corona und die generelle Stimmung können die Wintersaison beeinflussen“, so Martin Dolezal.

„Wir entwickeln umfassende Konzepte für ganze E-Bike-Regionen“, berichtete Peter Schitter von BIKE ENERGY.

Mit „Bike the future“ wurde die Session Line 3 betitelt. Dominik Linser stellte passenderweise die Bike Republic Sölden vor, während Peter Schitter von bike energy über die Lade-Infrastruktur als Erfolgsfaktor für zufriedene Gäste und höhere Umsätzen sprach.

„Bewegte Bilder sorgen für bewegte Menschen“ – davon ist wiederum Gerald Stöllnberger überzeugt. Der Geschäftsführer von 360 Perspektiven referierte über szenenspezifische Inszenierungen als Botschaft vom Berg.

„Die 360°-Inszenierung kann auch zur Mitarbeiterrekrutierung genutzt werden“, betonte Gerald Stöllnberger.

Wolfgang Eder führte durch das Berg.Bahn.Camp 2022.

Wertschätzung statt Bashing

Inhaltlich abgerundet wurde das Berg.Bahn.Camp 2022 von Peter Zellmann. Der Tourismusforscher prognostizierte Szenarien zur Zukunft von Technik & Service am Berg.

Er hält ein einheitliches Tourismus-Wording für überfällig, um vom Bashing zur Wertschätzung der Branche zu gelangen. „Dafür ist statt Greenwashing Authentizität in der Nachhaltigkeit notwendig. Zudem dürfen wir auf die Einheimischen nicht vergessen“, so Zellmann.

Das Ziel ist klar: Future Mountain Service

„Wir müssen die Tourismuswirtschaft zusammenführen, anstatt ein eigenes Süppchen zu kochen“, sagte Peter Zellmann.

Mehr Wissen mit dem Berg.Bahn.Camp:

Mit acht Impulsvorträgen und sechs Sessions war für genügend Input gesorgt