Management & Tourismus, SI 7/2020
Besucher Experience am Pilatus
Am Pilatus teilen sich die Besuchergruppen in einem normalen Jahr in etwa 50 Prozent internationale Gäste und 50 Prozent Einheimische auf. Die Bedürfnisse dieser beiden Gruppen unterscheiden sich in bestimmten Bereichen stark voneinander. „Wir sagen oft, der internationale Gast geht über den Berg. Sie fahren auf den Berg, genießen kurz das Gipfelgefühl und machen sich dann wieder auf den Weg ins Tal.
Konsumiert wird dabei eher im Flachland. Durch schlechtes Wetter lassen sich die internationalen Gipfelstürmer dafür eher weniger aufhalten“, berichtet Marco Thali, Leiter Marketingkommunikation der Pilatus Bergbahnen. Der Schweizer Gast wird dagegen eher seinem Ruf als Genießer gerecht.
Die Auffahrt auf den knapp 2.000 Meter hohen Berg wird von der einheimischen Besuchergruppe oft als kurzer Ausflug gesehen und bei einem solchen Entspannungstag will man sich selbst auch etwas gönnen. Kulinarik und Erlebnisangebote gehören für diese Zielgruppe einfach dazu. Aufgrund dieser Diversität hat man sich am Pilatus die Besuchergruppen und deren individuellen Wünsche genau angesehen und versucht ein passendes Angebot zu erstellen.
Da dieses Jahr die Gruppe der internationalen Gäste fast zur Gänze weggefallen ist, wurde am Pilatus versucht, vor allem die Schweizer Besucher mit einem angepassen Sommerangebot abzuholen. Dafür nutzte man den diesjährigen Wanderboom. „Wir haben versucht durch unser Konzept „Hike and Sleep“ den Schweizer noch stärker für einen Hotelbesuch am Berg zu gewinnen.
Oft denkt man gar nicht daran, dass man auch im eigenen Land übernachten kann. Die Situation dieses Jahr hat sich deshalb als Testsaison angeboten. Die Gäste waren ja gegenüber diesem Thema bereits sensibilisiert. Am Ende konnten wir die Übernachtungszahlen aus dem Vorjahr sogar noch überbieten,“ freut sich Thali.
Das Konzept ist dabei genial simpel, um die motivierten Wanderer nicht abzubremsen, werden diese bereits bei der Talstation Kriens vom Gepäck erlöst. Dieses wird zum gebuchten Hotel gebracht, während sich die Gäste gleich mit leichtem Gepäck ins Abenteuer stürzen können.
Best practice
Zeit richtig nutzen
Aufgrund der Höhenlage ist man am Pilatus sehr vom Wohlwollen der Natur abhängig. Das Winterangebot wurde des-halb bereits vor fast zwanzig Jahren umgestellt. Statt auf Skifahrer und Snowboarder baut das Konzept auf Schneeschuhwanderer und Schlittenfahrer. Für diese Aktivitäten wird im Vergleich weniger Schnee benötigt, weshalb es perfekt für den Pilatus geeignet ist. Mehrere Schneeschuhtrails ziehen nun auch im Winter viele Besucher an.
Dennoch sind die kalten Monate ruhiger als die warmen, weshalb Zeit bleibt sich auf Neuerungen zu konzentrieren. Dieses Jahr will man sich vor allem der Digitalisierung widmen. So wird etwa ein digitales Informationssystem in der Gastronomie getestet. Geplant ist ein digitaler Begleiter für Hotel und Restaurantgäste. „In der ruhigeren Wintersaison können solche Systeme gut getestet werden.
Je nach Rücklauf wird anschließend über eine Einführung entschieden.“ Auch das Hotellerie-Angebot soll über den Winter modifiziert werden. Ein erster Schritt in Richtung Digitalisierung wurde bereits mit dem Projekt Digitaler Berg gemacht. Dabei wurde eine übersichtliche 360° Karte des Berges erstellt. Wichtige Informationen oder auch Videos können hier eingebettet werden. Damit stehen den Gästen zu jeder Zeit alle Informationen mit einem Klick zur Verfügung. tm
BESUCHERSTRÖME LENKEN
Die Lenkung von Besucherströmen ist gerade an gut besuchten Tagen ein wichtiges Tool. Für die richtige Umsetzung sollten zuerst Bewegungsprofile der Gäste erstellt werden. Engstellen und Ballungsräume gilt ist dann durch verschiedene Strategien zu entzerren.
Eine solche Engstelle findet man am Pilatus an guten Tagen direkt bei der Auffahrt mit der Zahnradbahn. Deshalb wird versucht die Gäste schon vor dieser Engstelle abzufangen und umzuleiten. Eine Strategie der Pilatus Bergbahnen ist es daher bei der Bewerbung des Besucherhits „Goldene Rundfahrt“ die Auffahrt mit der Luftseilbahn und die Abfahrt mit der Zahnradbahn zu bewerben. Aufgrund der höheren Förderkapazität können auf diese Weise Wartezeiten deutlich verkürzt werden.
Bei solchen Strategien heißt es allerdings Geduld beweisen, denn bis sich eine aktive Handlungsänderung bei den Besuchern einstellt, kann einige Zeit vergehen. Bis dahin weist man die Besucher persönlich auf eine mögliche Richtungsänderung der Rundreise hin.