Management & Tourismus, SI 2/2020
KITZSTEINHORN: „MUT ZUM PREIS!“
SI: Das Kitzsteinhorn wirbt aktiv für den Sommer am Berg. Warum hat die Destination den Weg dazu eingeschlagen?
Maria Hofer: Das Kitzsteinhorn war mit seinem Gletscherskigebiet schon immer eine Ganzjahresdestination. Seit den 90er Jahren war der Sommerskilauf allerdings rückläufig. Die Gipfelstation auf 3.029 Metern, unser höchster Angebotshöhepunkt, stammte aus dem Jahre 1966, zeitgemäße Infrastruktur für Ausflügler und Panoramagäste fehlte. Das Kitzsteinhorn ist aufgrund seine topografischen Gegebenheiten auch kein klassischer Wanderberg. Im Sommer 2003 erzielten wir von Juni bis September nur vier Prozent des Jahresumsatzes. Wir standen vor der Frage: Zusperren oder Neues wagen?
Und dann haben Sie die Flucht nach vorne angetreten?
Ja, wir haben aktiv in das Angebot abseits des Wintersports investiert. Startschuss war 2004 die Zertifizierung als eine der „Besten Österreichischen Sommer- Bergbahnen“. Diese im Alpenraum einmalige Kooperations- und Qualitätsinitiative der Wirtschaftskammer will den Bergsommer thematisch neu etablieren und stärken. Wir haben uns – wie zahlreiche andere Bergbahnen – dazu verpflichtet, 160 Qualitätskriterien zu erfüllen, die alle drei Jahre überprüft werden.
Die Zertifizierung setzte also das Kitzsteinhorn in Bewegung?
Richtig. Von 2006 bis 2008 planten wir die Gipfelstation neu und entwickelten ein Konzept für die Gipfelwelt 3000 in Partnerschaft mit dem Nationalpark Hohe Tauern. Die inhaltliche Gestaltung übernahm das Haus der Natur in Salzburg. Die Gipfelwelt 3000 besteht aus den Aussichtsplattformen „Top of Salzburg“ und „Nationalpa rk Gallery“, dem Naturfilmkino „Cinema 3000“, der Rodel- und Rutschfläche „Ice Arena“, sowie dem Gipfel-Restaurant. Geführte Touren mit Nationalpark-Rangern sind das soziale Herz unserer Attraktion. Wir positionieren uns also klar als Panorama- und Naturziel.
Warum?
Die Zertifizierung schreibt vor, dass sich die Bergbahnen voneinander differenzieren müssen. Niemand nützt es, wenn überall der gleiche Bauchladen angeboten wird. Es gibt die Themen Familie, Abenteuer, Panorama & Natur, Kunst & Kultur, sowie Genuss. Nur auf maximal zwei der Themen dürfen sich die mittlerweile 69 Bergbahnen spezialisieren. Bei unserer Gipfelwelt 3000 auf über 3.000 Metern liegt die Positionierung klar auf Panorama- und Naturerlebnis.
Mit Erfolg?
Die 2011 eröffnete Gipfelwelt 3000 hat uns mit dem Panorama- und Naturerlebnisangebot und mit der Partnerschaft mit dem Nationalpark Hohe Tauern neue Zielgruppen erschlossen. Das Kitzsteinhorn ist mit mehr als 50 Prozent nicht deutschsprachigen Gästen noch internationaler geworden, die Ersteintritte stiegen im Sommer auf das Zweieinhalbfache.
Der Erlös pro Gast erhöhte sich ebenfalls überproportional, 2019 erzielten wir 17 Prozent des Jahresumsatzes im Sommer. Zum Vergleich: Im Jahr 2006 lag dieser Anteil noch bei sechs Prozent. Die Devise lautet: Auch im Sommer im Einklang mit der Natur und der bestehenden Infrastruktur ein hochwertiges Angebot schaffen sowie Mut zum Preis. Beides sind wichtige Schritte in Richtung Ganzjahresdestination.
Welche Auswirkungen hat denn die neue Positionierung auf das Wintergeschäft?
Sightseeing hat sich zum zweiten Standbein neben dem Wintersport entwickelt. 2010 lag das Verhältnis der Ersteintritte im Winter bei 13 Prozent Panoramagästen und 87 Prozent Wintersportlern. 2019 stehen die Zahlen bei 25 zu 75! Das sichert und stärkt den Ganzjahresbetrieb, wir sind wirtschaftlich stabiler aufgestellt und positionieren uns als attraktiver Arbeitgeber.