VTK in Gstaad: Erfahrung erfahren

Von Bränden über Energiekosten bis zur künstlichen Intelligenz reichten die Themen der VTK-Tagung in Gstaad. Mit rund 430 Teilnehmern und 57 Ausstellern waren nahezu alle Plätze belegt.

Unter dem Motto „Come up, slow down“ erhielten die Besucher der VTK-Tagung in Gstaad (Kanton Bern) wichtige Informationen von Behörden, Skigebieten, Forschung und Zulieferindustrie. 13 Referate und eine Exkursion bildeten den Kern der Versammlung, die durch eine große Ausstellung der Industrie bereichert wurde.

Durch die Tagung im Sportzentrum Gstaad führte Moderator und VTK-Vorstand Andreas Sturzenegger. Am Vorabend gab es bereits ein fröhliches Nachtessen imGipfelrestaurant Eggli. Die Begrüßung am Tag 1 erfolgte durch VTK-Präsident Andreas Zenger.

Die Ausstellung hatte im Sportzentrum Gstaad großzügig Platz.

Der Andrang auf die VTK-Tagung war wie in den Vorjahren groß.

Treffen am Förderband (v.l.): Boris Pilchowski, (POOL-ALPIN CH), Axel Halder und Erich Devaux (beide BORER Lift AG).

BAV: Fluktuation erschwert Arbeit

Niklaus Imthurn von der Aufsichtsbehörde BAV betrat als erster die Bühne. Er beklagte die personelle Instabilität bei Bergbahnen, durch die auch dem BAV bei den Audits viel Zeit und Ressourcen verloren gehe.

Das BAV verzeichnet zudem einen Anstieg der Ereignisse, vermutet dahinter jedoch eine bessere Meldedisziplin.

Imthurn ging zudem auf spezielle Themen ein, wie Seilbahnen als Luftfahrthindernis, parallele und serielle Genehmigungsverfahren oder Seilschäden durch Dritte. Zudem erinnerte er daran, dass Cyberangriffe meldepflichtig sind.

IKSS: Ereignisse zum Teilen

An die Meldepflicht von Ereignissen erinnerte auch Imthurns Behördenkollege Ulrich Blessing vom IKSS. Nur so könne er die individuellen Erfahrungen mit der Branche teilen.

Blessing berichtete unter anderem von einem beschädigten Fundament durch einen Felssturz, eine verdrehte Stütze durch Geländeverschiebung– und von einem Kind, das aufgrund von Schneemangel auf die ungeschützte Bodenbefestigung einer Stütze prallte.

Zudem ging Blessing auf die neue Gebührenordnung, diverse Hilfsmittel und die Ereignisstatistik 2023 ein.

„Der Anstieg an Arbeitsunfällen ist markant. Schulen Sie Ihr Personal häufiger und statten Sie sie besser aus.“ – Niklaus Imthurn (BAV).

„Skistöcke gehören bei Schleppliften in eine Hand. Bitte erinnern Sie Gäste und Personal regelmäßig daran!“ – Ulrich Blessing (IKSS)

„Vermeiden Sie teure Leistungsspitzen durch kluges Anfahren und gegebenenfalls Ausschalten von Anlagen.“ – Daniel Ziegler (SBS)

SBS: Marktstudie & Strommangellage

Gleich zwei Vorträge hielt Daniel Ziegler, Leiter Technik des Verbands Seilbahnen Schweiz (SBS). Das erste Referat übernahm er für den erkrankten SBS-Direktor Berno Stoffel.

Thema Nr. 1 war die Strommangellage, die SBS für heuer als nicht akut einschätzt. Die Strompreise hätten sich beruhigt, die Netztarife seien jedoch weiterhin hoch. Hier gelte es, Leistungsspitzen zu vermeiden.

Thema Nr. 2 war eine Marktstudie zu Bergbahnen und Industrie. „Die Preise für Anlagen steigen seit zehn Jahren stark an!“, betont Ziegler.

In seinem eigenen Referat ging er dann auf die technische Strategie von SBS ein. Diese umfasse unter anderem eine Expertengruppe („Taskforce Technik“), eine Branchenlösung für die Instandhaltung im laufenden Betrieb, sowie das Commitment „credibility“.

Gastgeber Gerhard Martl (BB Gstaad) im Gespräch mit Michael Romer (Mitte) und Christian Schlegel (rechts) von BARTHOLET.

Für KLÜBER vor Ort (v.l.): Santiago-Manuel Alonso, Muriel Mansier Ottavi und Eldin Bajramovic.

Für detaillierte Erklärungen über Vermessung und Monitoring geht Marco Larghi (rechts) von GRÜNENFELDER schon mal in die Knie.

Gstaad: Spagat zwischen Luxus & Norm

Anschließend stellte Flurin Riedi, Direktor des Tourismusverbandes Gstaad-Saanenland, die Tagungsregion vor.

Einerseits sei diese eine Luxusdestination: Mit vielen Promis, zahlreichen Top-Hotels, Sternegastronomie und Sport sowie Kulturfestivals. Andererseits biete Gstaad mit Ski-, Wander-, und Wellnessangeboten auch „Normalos“ einen wunderbaren Aufenthalt.

Der Spagat zwischen Luxus und Norm sei aber laut Riedi nicht leicht. „Unsere Herausforderungen lauten: bezahlbarer Wohnraum, Kinderbetreuung, Nightlife-Angebote, Gesundheitsversorgung und Fachkräftemangel.“

„Wir wollen den ‚goldenen Herbst‘ durch neue Angebote und extra Marketingaktivitäten gezielt stärken!“ – Flurin Riedi (TVB Gstaad)

„Jede Krise kann gemeistert werden, sofern keine Menschen zu Schaden kommen.“ – Bernhard Tschannen (Glacier 3000)

„Der frühzeitige, ehrliche Einbezug der Umweltorganisationen ist ein wichtiger Erfolgsfaktor!“ – Claudio Deplazes (Flem Xpress)

Von Brandkatastrophen…

Die Vorträge zum Tagungsmotto „Come up, slow down“ starteten nach der Mittagspause. Den Auftakt setzte Bernhard Tschannen, Direktor des Skigebiets Glacier 3000.

Er präsentierte Learnings aus der Krisensituation 2022, als das Bergrestaurant Botta in Flammen stand; darunter die Notwendigkeit von externen Alarmen bei Brandmeldeanlagen, der Nutzen von Sprühnebelanlagen auf 3.000 Metern und die Bedeutung der Krisenkommunikation nach innen und außen.

…über realisierte Visionen…

Claudio Deplazes, Projektleiter FlemXpress, sprach anschließend über Herausforderungen und Erfolgsfaktoren des Prestigeprojekts „Ropetaxi“.

Er beschrieb den Weg von der Vision von mehreren klassischen Seilbahnlinien in Flims-Laax 2014 bis zum Konzept einer Anlage, in der der Gast bestimmt, wohin seine Gondel fährt.

Deplazes führte aus, wie das Projekt organisiert und kommuniziert wird – unter anderem durch eine externe Projektleitung, Baustellenführungen und digitalen Bautagebüchern.

…zu sicheren Bauwerken

Von Neubauten ging es thematisch zur bestehenden Infrastruktur. Rafael Wyrsch von der Casutt Wyrsch Zwicky AG informierte über die Überwachung, Instandhaltung und allfällige Überprüfung von Bauwerken.

Dabei ging der Experte detailliert auf Normgrundlagen sowie Hauptinspektionen ein und empfahl den Seilbahnern gezielte Maßnahmen.

Hatten ihre eigenen Böden dabei: Stephanie Vogt und Carlo Staldegger von REGUPOL

Bruno Pfister von KISSLING überreicht Infomaterial an Marcel Cavegn (BB Brigels).

Stolz vor der Wall of Fame: Janis Jülke und Claus Dangel von BÄCHLER.

Energiekosten sparen

Einen topaktuellen Vortrag hielt anschließend Energieingenieur Enrico Feurer. Er erläuterte, wie sich die Strompreise zusammensetzen und auf welcher Weise sich Energie klug beschaffen lässt.

Zudem zeigte er Einsparpotentiale auf, um die Netzkosten zu senken, indem etwa Leistungsspitzen vermieden oder Zähler „zusammengelegt“ werden. Um den Stromverbrauch zu minimieren, plädierte er für Nachtabsenkungen, das Ausschalten von Heizungen und die Wahl einer effizienten Bahngeschwindigkeit.

Werbung für Seilbahner EBA

Den inhaltlichen Abschluss des ersten Tages machte Michael Nydegger, didaktischer Leiter des SBS-Ausbildungszentrums in Meiringen. Er nannte zehn Gründe, EBA-Lernende anzustellen. Es folgte die VTK-Generalversammlung, der Apéro in der Ausstellung und ein Dinner.

„Bauwerke haben einen kulturellen und volkswirtschaftlichen Wert, ihr Erhalt ist die Pflicht der Eigentümer!“ – Rafael Wyrsch (CWZ AG)

„Heizungen für Räume, Dachrinnen oder Schneischächte laufen oft unnötig lang; nachts oder gar im Sommer.“ – Enrico Feurer

Die Absolventen des Lehrgangs ‚Seilbahner EBA‘ sind das strategische Erfolgspotenzial für jede Bergbahn.“ – Michael Nydegger (SBS)

KI am Berg

Der zweite Tag begann nicht minder interessant mit dem Thema „Künstliche Intelligenz (KI)“.

Markus Sigrist, Managing Director der LEITNER Schweiz AG, informierte über Grundlagen, starke und schwache KI und maschinelles Lernen. Als Beispiele für KI am Berg nannte er die Gästestromanalyse, den ECO Drive und unbesetzte Seilbahnstationen.

Öle im Labor

Zu frühe Ölwechsel sind teuer, zu späte noch mehr: Deswegen setzen Seilbahner vermehrt auf die Ölanalyse. Sandro Gissi und Raphael Burri von MOTOREX informierten über die Laboruntersuchung und stellten ihre Produkte vor.

„Künstliche Intelligenz ersetzt bei uns keine Mitarbeiter. Vielmehr haben die mehr Zeit für bessere Arbeit.“ – Markus Sigrist (LEITNER)

„Die Ölanalyse zeigt uns den Zustand von Schmiermittel und Anlage; für mehr Sicherheit und Qualität.“ – Sandro Gissi (MOTOREX)

Im Rollenspiel „Seilsattel Schmieren“ informierten Beni Fuchs (Zermatt) und Daniel Ziegler (SBS) über die neue Branchenlösung.

Instandhaltung im Betrieb

Das letzte Wort auf der VTK 2023 gehörte den Technischen Leitern Beni Fuchs (Zermatt) und Daniel Ziegler (SBS). Sie präsentierten die neue Branchenlösung zur Instandhaltung im laufendem Betrieb in Form eines Rollenspiels. Sie plädierten für Notfallpläne und empfahlen ihre Musteranweisungen.

Den Abschluss der VTK 2023 in Gstaad bildete eine Exkursion auf den Rinderberg-Spitz in Zweisimmen zum Thema Inszenierung am Berg und die Einbindung der Seilbahn.

Das Ziel: Erfahrung erfahren!