Planen & Bauen, SI 3/2021, SI-Alpin
Valisera Seilbahn: Wenn der Umbau ein Neubau wird
„Verbindung neu leben“ – so umschreibt die Destination Silvretta Montafon ihr 70 Millionen Euro schweres Bauprojekt Valisera Bahn. Und tatsächlich wird alles neu: Aus der Talstation wird für 38 Millionen Euro der Terminal „Silvretta Park“ – mit Gastronomie, Parkgaragen, Servicestationen, Shops, Mitarbeiterhaus und einem Hotel.
Die übrigen 32 Millionen Euro werden in neue Seilbahntechnik, Strecke, Zwischen- und Bergstation investiert. Das besondere: Seilbahnrechtlich ist das Megaprojekt lediglich ein Umbau der 40 Jahre alten Gondelbahn, da Trassenführung und Stationsstandorte gleich bleiben. Eine Herausforderung für die Planer vom Ingenieurbüro SALZMANN.
„Aufgrund der schwereren 10er-Kabinen, welche die kleinen 6er-Gondeln ersetzen, benötigen wir eine relativ hohe Führung des FATZER-Seils, um eine zusätzliche Rodung zur bestehenden Bahntrasse zu vermeiden“, schildert Planer Stephan Salzmann die erste der zahlreichen Herausforderungen.
Für die Architektur der Talstation sind die Architekten Obermoser und Partner verantwortlich, die übrige Planung liegt in den Händen der SALZMANN INGENIEURE. Foto: Obermoser + Partner Architekten.
Stationen haben es in sich
Um das Einstiegsniveau beizubehalten, sind auch bei den Stationen einige Kniffe notwendig. So wird in der Talstation eine Fahrtreppe errichtet, da die Seilbahn den Straßenraum nicht kreuzen darf.
In der Zwischenstation wird das Einstiegsniveau in das bisherige Kellergeschoss verlegt und der Pistenanschluss der Bergfahrseite über das Dach des Stationsgebäudes geführt. „Dadurch sind alle Zu- und Abgänge auf Pistenniveau angeordnet“, erläutert Salzmann. Die Absenkung des Einstiegsbereichs erfordert jedoch einen überdachten Ausfahrtstrichter, da die Ausfahrt in Richtung Berg unterhalb des Geländeniveaus erfolgt.
Die Zwischenstation ist das technische Herz der Bahn. Hier werden die zentrale Seilbahntechnik mit Antrieb und Kommandoraum, sowie die Garagierung untergebracht. Als Motor dient ein großer Direktantrieb der Marke Doppelmayr Direct Drive.
Im Untergeschoss werden Räumlichkeiten für die Skischulen errichtet, auf dem Dach ist eine Terrasse vorgesehen. „Das gesamte Gebäude ist mit einer überbauten Fläche von ca. 4.000 Quadratmetern und einem umbauten Raum von ca. 30.000 Kubikmetern. eine echte Challenge. Zudem ist eine Seilstatik erforderlich“, fasst der Planer zusammen.
In der Bergstation ist eine Anhebung des Ausstiegsniveaus auf den zentralen Gipfelbereich geplant. Der Gast kann dann auf dem höchsten Punkt aussteigen und hat die Möglichkeit, in alle Richtungen abzufahren. „Dazu tragen wir das bestehende Gebäude bis zur bisherigen Einstiegsebene ab.
Die Höhendifferenz wird mit einem Zwischengeschoß überbrückt, das eine große Flächenreserve für zukünftige Nutzungen sicherstellt“, sagt Salzmann. Die im Untergeschoss bestehende Pistengerätegarage wird weiter verwendet.
„Die Bergstation macht uns sehr viel Arbeit. Wir mussten schon 25.000 Euro für die Schneeräumung ausgeben“, schildert der Planer die Bedingungen auf über 2.000 Metern Seehöhe.
Die neue CWA-Kabine und die alte Gondel im Vergleich.
Erste AURO-Seilbahn Österreichs
Die 10er-Einseilumlaufbahn wird aber nicht nur planerisch eine Vorbildfunktion einnehmen. Denn die neue Valisera Bahn wird mit Inbetriebnahme im Dezember 2021 die erste D-Line des Herstellers DOPPELMAYR/GARAVENTA in Österreich sein, welche mit dem AUtonomous Ropeway Operation Systems – kurz AURO – ausgestattet wird.
So ist in der Tal- und Bergstation ein Fahrgastbetrieb mit unbesetzten Stationen vorgesehen. „Gesteuert wird die Seilbahn durch einen Maschinisten im sogenannten „Ropeway Operation Center“ (ROC). Dieser Kommandoraum ist in der Zwischenstation situiert“, berichtet Salzmann.
Zusätzlich zum Betriebsbediensteten im ROC ist nur im Störungsfall in den unbesetzten Stationen kurzfristig Bedienungspersonal notwendig. Entsprechend viel Überwachungstechnik wird in den Stationen verbaut, zudem wird für den Gast nur der direkte Einstiegsbereich zugänglich sein.
In der Zwischenstation schlägt das technische Herz der Valisera Bahn.
Twist-In-System für mehr Komfort
Während der Betreiber vom AURO-System profitiert, kann sich der Gast auf moderne und geräumige CWA-Kabinen freuen. Sie umfassen zehn Sitzplätze mit Sitzheizung und das Twist-In-System mit Indoor-Skihalterung – eine deutliche Qualitätsverbesserung im Vergleich zur alten Bahn.
„Der Transport der Ski innerhalb der Kabinen ist nötig, um die Überwachung durch das AURO-System zu gewährleisten“, ergänzt Salzmann. Der Fahrkomfort wird durch niveaufreie Verkehrswege zusätzlich gesteigert. Wartezeiten gehören dank der gesteigerten Förderleistung von 3.500 Personen pro Stunde der Vergangenheit an.
Nicht zuletzt ermöglicht die neue Positionierung der Bergstation auf dem höchsten Punkt eine bessere Verbindung zu allen benachbarten Anlagen und den einfacheren Zugang zu einem breiteren Pistenangebot. So wird die Anlage auch für Wiederholer attraktiv – obwohl die Bahn rechtlich „nur“ umgebaut wurde. ts
Technische Daten:
10 EUB Valisera Bahn |
Sektion 1 |
Sektion 2 |
Antrieb |
Zwischenstation |
Zwischenstation |
Abspannung |
Talstation |
Zwischenstation |
Talstation |
822 m |
822 m |
Zwischenstation |
1.630 m |
1.630 m |
Bergstation |
2.108 m |
2.108 m |
Höhenunterschied |
807 m |
477 m |
Horizontale Bahnlänge |
1.894 m |
1.896 m |
Schräge Bahnlänge |
2.059 m |
1.955 m |
Fahrgeschwindigkeit |
6,5 m/s |
6,5 m/s |
Anzahl Stützen |
13 |
14 |
Förderleistung (Anfang-/Endausbau) |
2.800/3.600 P/h |
2.800/3.600 P/h |
Anzahl Fahrzeuge (Anfang-/Endausbau) |
67/85 | 63/81 |
Max. Leistung Betrieb |
840/1.029 kW |
699/789 kW |
Max. Leistung Anfahren |
983/1.191 kW |
833/941 kW |
In der Zwischenstation schlägt das technische Herz der Valisera Bahn.