Management & Tourismus, SI-Alpin
Warnung vor erneutem Fleckerlteppich
Die Wintersaison 2020/21 war stark von der Pandemie geprägt. Statt einheitlicher Maßnahmen und Regelungen im Tourismus, gab es im Alpenraum starke Unterschiede im Umgang mit Covid-19.
Dementsprechend fielen auch die wirtschaftlichen Konsequenzen unterschiedlich aus. Und nun präsentieren nach und nach Nationalregierungen erneut ihre individuellen Maßnahmenpläne, anstatt an einem Strang zu ziehen.
Eine Wiederholung des „Fleckerlteppichs“ wäre laut Theresa Haid fatal. Eine von Vitalpin in Auftrag gegebene Analyse belegt, dass Österreich, Südtirol und Bayern zu den großen Verlierern gehören.
Theresa Haid
Geschäftsführerin von Vitalpin
„Der alpine Tourismus funktioniert nur mit einer geregelten Wintersaison. Im vergangenen Jahr war das nur bedingt der Fall, was die Destinationen und Betriebe durch herbe Verluste zu spüren bekamen. Das muss sich in der kommenden Wintersaison ändern. Eine Abstimmung zwischen Ländern und Regionen im Alpenraum ist zwingend notwendig und dafür wollen wir eintreten.“
Große Unterschiede zwischen einzelnen Regionen
Die Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsforschung (GAW) hat eine von Vitalpin initiierte Analyse zur Wintersaison 2020/21 erstellt, die zeigt, dass neben den Reisebeschränkungen vor allem Entscheidungen für oder gegen Öffnungen der touristischen Infrastruktur für deutliche Unterschiede gesorgt haben.
In Ländern, in denen die Betriebe während der Wintersaison fast durchgehend geschlossen hatten, gingen die Wertschöpfungsverluste um bis über 90 % zurück. Die Schließung zog allerdings auch hohe Beschäftigungsrückgänge im Tourismus mit sich.
„Österreich, Südtirol und Bayern zählen zu den am stärksten betroffenen Alpenländern bzw. Regionen“, bestätigt Dr. Stefan D. Haigner, Autor der Analyse. Aber auch die Tourismusbranche in der Schweiz verzeichnete trotz des geöffneten Seilbahn- und Beherbergungsbetriebs Verluste von rund 32 %.
Analyse verdeutlicht große Verluste
„Die Rückgänge bei Nächtigungen, Einkommen, Arbeitsplätzen und weiteren Bereichen zeigen, dass sich etwas ändern muss. Die Verluste betreffen letztendlich nicht nur den Tourismus, sondern haben beispielsweise auch weitreichendere Folgen für den Handel und die Bauwirtschaft“, so Hannes Parth, Obmann von Vitalpin.
In der Analyse der GAW sind Verluste an Nächtigungen, Arbeitsplätzen, Einkommen, Steuern und Abgaben und der Wertschöpfung (BRP) für den Alpenraum und die Länder bzw. Regionen aufgelistet.
Um die Verluste begreiflicher zu machen, wurden zahlreiche Vergleiche angestellt. Im alpinen Tourismus sind z.B. während der Corona-Krise 20,098 Mio. Euro an Wertschöpfung verloren gegangen. Mit diesem Budget hätten ca. 60.000 Einfamilienhäuser errichtet werden können.
156.462 Menschen verloren ihre Arbeitsplätze, was mehr Arbeitslose bedeutet, als die Stadt Salzburg Einwohner hat. Was Steuern und Abgaben anbelangt, verzeichnete Südtirol Verluste in Höhe von 814 Mio. Euro. Damit hätten alle Einwohnerinnen und Einwohner Südtirols 11,5 Jahre lang ernährt werden können.
Auch bei den Einkommen machten sich die Konsequenzen bemerkbar. Einbußen von 6,726 Mio. Euro im Alpenraum entsprechen einer Summe, mit der mehr als 2.000 im Tourismus tätige Familien ihr Eigenheim sofort hätten abbezahlen können.
Zusammenarbeit als Schlüssel zum Erfolg
Die Vorkommnisse aus dem vergangenen Jahr sollen in der Wintersaison 2021/22 um jeden Preis verhindert werden. Die Alpenländer und Regionen sind auf sich gestellt zu wenig schlagkräftig.
Eine Zusammenarbeit würde dem entgegenwirken. Die Vorgehensweise ist klar: Es bräuchte einen gemeinsamen Forderungskatalog, um den nötigen Druck auf die Nationalregierungen und die EU aufbauen zu können.
Die Ausgangslage ist dieses Jahr durch die hohe Anzahl an geimpften Menschen, die Testkapazitäten sowie die Erfahrungen aus der letzten Saison eine deutlich bessere.
„Wir brauchen dieses Jahr einheitliche Regeln und keine ‚Fleckerlteppiche‘ in den unterschiedlichen Regionen. Ohne die notwendige Planungssicherheit ist die Existenz vieler Tourismus-Betriebe und damit auch die vieler Unternehmen aus anderen Branchen bedroht. Die Verantwortlichen aus Politik und Wirtschaft müssen für übereinstimmende Regelungen und Maßnahmen sorgen“, so Haid abschließend.