SI-Urban, Stadt
Das Seil als wichtigste Komponente im urbanen Raum
Extreme Betriebsdauer, hohe Fahrgeschwindigkeiten, große Anforderungen an Verfügbarkeit und Robustheit: urbane Seilbahnseile sind deutlich härteren Bedingungen ausgesetzt als Seile für klassische Bergbahnen. Da urbane Seilbahnen im Vergleich ein relativ junges Phänomen sind, waren Erfahrungswerte dazu lange Zeit rar.
Mit dem Durchbruch der urbanen Seilbahnen ab etwa 2010 wird der Wissensstand aber stetig größer. Der Schweizer Seilhersteller FATZER durfte bereits zahlreiche urbane Seilbahnen beliefern und betreuen – und konnte so gängige Herausforderungen identifizieren.
Generelle Herausforderungen
So kann eine urbane Seilbahn über 6.000 Stunden pro Jahr fahren – das ist das Doppelte einer stark genutzten Bergbahn im Ganzjahresbetrieb. Als öffentliches Verkehrsmittel muss die Stadtseilbahn oft bis zu 20 Stunden am Tag, 365 Tage im Jahr laufen.
„Betreiber sind verständlicherweise wenig flexibel für Unvorhergesehenes“, berichtet Philippe Bieri, Projektmanager bei FATZER.
Eine große Herausforderung ist auch die Wartung. Diese kann oft nur in den Nachtstunden erledigt werden. Rund vier Stunden haben die Mitarbeiter in der Regel Zeit für den täglichen Service, größere Revisionen benötigen lange Vorlaufzeiten. „Hier spielen auch enge Platzverhältnisse und benötigte Straßensperren eine Rolle“, so Bieri.
Zudem sind – anders als bei privat geführten Bergbahnen – kurzfristige Entscheidungen organisatorisch und finanziell oft nicht möglich. Kommunale oder Public-Private-Betreiber benötigen hier schlicht oft mehr Zeit.
„Hinzu kommt, dass die Betreiber von konzessionierten urbanen Seilbahnen wechseln können“, betont Bieri. Auch die Fluktuation an Bahnpersonal ist in manchen Ländern oft hoch und es ist teils nur wenig Fachwissen vorhanden.
Herausforderungen an das Seil
Das Seil wird bei komplexen urbanen Anlagen stark belastet. Die kurzen Distanzen zwischen den Stationen – durchschnittlich bei circa einem Kilometer – sorgen für intensive Kuppelvorgänge und viele Biegewechsel. Das heißt, die Kabinen werden am Seil ein und ausgekoppelt und das Seil wird in den Stationen umgelenkt.
„Beides sind die Hauptgründe für Verschleiß“, sagt Oliver Reinelt, Leiter Seilbahntechnik bei FATZER. Die Belastung kann um das Fünffache bis sogar um das Zwanzigfache höher sein als bei Bergbahnen: Statt 12.000 Biegewechseln pro Jahr bei alpinen Anlagen wurden bei urbanen Seilbahnen schon 250.000 gezählt.
„Je kürzer das Seil desto schneller der Verschleiß“, bringt es Reinelt auf den Punkt. All diese Herausforderungen führen dazu, dass ein urbanes Seilbahnseil bereits nach wenigen Jahren ablegereif sein kann.
Ziel: Tiefe Lebensdauerkosten
Betreiber fordern daher zu Recht eine passende Sicherheitsarchitektur für das Seil und eine hohe Verfügbarkeit der Seilbahn. Überraschungen und ungeplante Ausfallzeiten sind ein No- Go. „Unsere Priorität ist eine hohe Kundenzufriedenheit.
Diese ist hauptsächlich über tiefe Lebensdauerkosten zu erreichen, berichtet Michael Hanimann, CTO von FATZER. Der Seilhersteller hat deshalb ein Long-Life-Paket für urbane Seilbahnseile entwickelt, das über alle Lebensphasen hinweg die Lebensdauer erhöht, die Sicherheit des Seils gewährleistet und die Kosten senkt.
Oliver Reinelt
Der Leiter für Seilbahntechnik bei FATZER hat viel Erfahrung mit urbanen Seilbahnen.
Faktor Planung
Das beginnt bereits vor der Produktion des Seils. FATZER berechnet mit seiner Software FAROtune die Lebensdauer des künftigen Seils und erarbeitet gemeinsam mit dem Betreiber eine Betriebsstrategie. „Es gilt nicht nur die Kosten für die Erstinvestition, sondern auch für Wartung und Ersatz zu kalkulieren“, so Hanimann.
Faktor Produkt
Für urbane Seilbahnen fertigt FATZER das Spezialseil PERFORMA-DT mit Kunststoff-Profilen zwischen den Drahtlitzen. Dadurch berühren sich die Litzen des Seils nicht gegenseitig und die „Täler“ zwischen den Litzen werden ausgefüllt, was die Lebensdauer von Seil und Rollen markant erhöht.
Faktor Spleiss
Damit das PERFORMA-DT seine Stärken ausspielen kann, braucht es Seilexperten bei der Montage. Die Spleißer von FATZER haben jahrelange Erfahrung mit ihrer Methode TRUsplice. Dabei wird das Seil vor Ort in Handarbeit mit höchster Qualität zusammengefügt.
Die Folge sind reduzierte Betriebskosten, eine längere Spleißlebensdauer und eine höhere Verfügbarkeit der Seilbahn. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt der verkürzte Langspleiß: Mit dem sogenannten TRUsplice ES wird die Montage günstiger und einfacher.
Durch den kürzeren Langspleiß wird weniger Gerüst benötigt und der Spleiß kann bestenfalls in den Stationen durchgeführt werden. Auch die Montagezeit und der Bedarf an Hilfskräften reduziert sich. Notlösungen oder Straßensperren sind unnötig.
Faktor Kontrolle
Sobald das Seil fährt, muss es überwacht werden. Betreiber können diese komplexe und aufwendige Aufgabe an FATZER abgeben. Die automatische und permanente Überwachung erfolgt durch das System TRUscan und zertifizierte Spezialisten. So ist ein sicherer Betrieb mit vorausschauender Wartung ohne Kompromisse und Überraschungen möglich.
Faktor Service
Falls Wartungsarbeiten nötig scheinen, sind die Experten von FATZER weltweit rasch zur Stelle. Maßgeschneiderte Wartungs – und Serviceverträge sind mit zahlreichen Vorteilen verbunden, allen voran planbare Kosten, garantierte Reaktions- und Interventionszeiten, sowie regionale Präsenz.
Fazit
Alle fünf Faktoren steigern die Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit der urbanen Seilbahn und minimieren die Risiken für den Betrieb. Die Lebensdauerkosten bleiben tief.
PERFORMA-DT
Das urbane Seilbahnseil ist sehr laufruhig: Es vibriert kaum, das Längungs- verhalten ist minimal, der Durchmesser bleibt konstant. Damit ist die Seillängung berechen- und vorhersehbar; Kürzungen sind nur in der Mitte der Lebensdauer nötig.