Studie: Seilbahn als Quartiersmitte

Die Gestaltung von Stadtquartieren hat einen Einfluss auf die Mobilität seiner Bewohner. Deshalb spielt die Anbindung an den öffentlichen Verkehr eine wichtige Rolle, wie eine Studie der BPD (bouwfonds Immobilienentwicklung) in Zusammenarbeit mit der Hochschule Darmstadt zeigt.

Bei der Gestaltung von Stadtquartieren setzt die Studie nicht nur bei den klassischen Verkehrsmitteln wie Bus und Bahn an, sondern auch bei der Seilbahn – und das hat verschiedene positive Gründe. Weltweit nimmt die städtische Bevölkerung zu.

Das macht neue Überlegungen für die Quartier- und Stadtentwicklung notwendig. Einer der wichtigsten Bereiche ist laut Studie der Zugang zum öffentlichen Verkehr.

In vielen Städten steht dieser nicht allen Bewohnern gleichermaßen gut vernetzt oder gar nicht zur Verfügung. Die urbane Seilbahn könnte diese Lücke füllen.

Im Vergleich zu anderen Verkehrsmitteln, wie die S-Bahn oder U-Bahn kann sie schneller realisiert werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die Seilbahnstation in der räumlichen Nähe von bereits bestehenden öffentlichen Verkehrsmitteln realisiert wird. So wird ein rascher Umstieg ermöglicht.

Ganzheitlicher Ansatz

Im Fokus sollte laut Studie bei der Planung aber nicht der individuelle Bau der Seilbahn, sondern das gesamte Mobilitätskonzept einer Stadt stehen.

Nur, wenn auch die letzte Meile mit dem ÖPNV-Netz möglich ist, wird der Umstieg vom Auto zum öffentlichen Verkehr möglich. Stadtquartiere müssten möglichst autoarm realisiert bzw. gestaltet werden, jedoch auch eine kostengünstige Alternative bieten.

Das könnte erreicht werden, indem die Seilbahn ins Tarifsystem einer Stadt aufgenommen wird.

London

In der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs fährt bereits eine urbane Seilbahn.

Station = Quartiersmitte

Eine Seilbahnstation bietet viele Möglichkeiten der Einbindung in das Stadtquartier. So könnten auf der Station Wohnungen entstehen oder Angebote für tägliche Einkäufe geschaffen werden. Zudem kann eine zentrale Position der Seilbahnstation laut Studie auch die Wirtschaftskraft bestehender Angebote steigern.

Ein Beispiel, wo das optimal umgesetzt wurde, ist die Standseilbahn in Künzelsau. Dort befindet sich die Station in der Mitte des Stadtquartiers und wurde an das bestehende ÖPNV-Angebot angebunden.

Die Talstation wurde so niedrig angesetzt, dass die Innenstadt gut zu Fuß erreichbar ist. In deren Nähe befinden sich ein Kindergarten und eine Bäckerei.
Die Verantwortlichen haben versucht, eine gute Infrastruktur um die Station zu gestalten.

Prinzipiell lassen sich die Stationen an das jeweilige Quartier anpassen: In diesem Zusammenhang erwähnte die Studie die Seilbahn in Singapur, die in ein Gebäude integriert wurde. Neben den Stationen bieten auch die Stützen die Möglichkeit, den urbanen Raum positiv zu prägen.

So könnte man diese beispielsweise als Raum für öffentliche Leinwände nutzen oder multifunktional für Mobilfunk oder Verkehrsinformationstechnik verwenden. Weltweit gibt es bereits einige Beispiele von erfolgreich in den ÖPNV eingebundene urbane Seilbahnen wie in London, Mexiko City  oder in Toulouse.

Standseilbahn Künzelsau

In der Nähe der Talstation befinden sich ein Kindergarten und ein Nahversorger.

Kostengünstige Anbindung

Mit der Seilbahn können Stadtquartiere effizient und kostengünstig an das Verkehrsnetz angebunden werden. Ein wesentlicher Vorteil des Transports auf der Plus-Eins Ebene ist die Entkopplung vom Individualverkehr auf der Straße. Sie überwindet Hindernisse, benötigt keinen Fahrplan und schwebt über den Stau hinweg.

Weniger Flächenversiegelung und öffentlicher Gestaltungsraum

Aufgrund des geringeren Flächenbedarfs ist zudem weniger Eingriff in die Umwelt notwendig als vergleichsweise beim Bau einer Autobahnbrücke. Der darunterliegende Raum bei Autobahnbrücken bleibt oft ungenutzt, wohingegen der Raum unter der Seilbahn gewinnbringend als öffentlicher Gestaltungsraum verwendet werden kann.

Seilbahn als Begegnungszone

In den Stationen und den Kabinen treffen verschiedene Menschen auf einander. Im Falle eines Stadtquartiers entsteht so ein Raum für Begegnung und Kommunikation.

Diese stärken den Zusammenhalt einer Gemeinschaft. Für alle zugänglich fördert die Begegnung in der Kabine mit Personen aus unterschiedlichen kulturellen Räumen und  unterschiedlichen Lebenssituationen außerdem eine inklusive und integrative Umgebung.