Indien: Minister Nitin Gadkari im SI Interview

In Indien genießen urbane Seilbahnen einen immer höheren Stellenwert bei der Bewältigung von Verkehrsproblemen. Mit dem Parvatmala-Programm existiert seit 2022 ein nationales Seilbahnentwicklungsprogramm. Im Gespräch mit der SI erklärte der Minister für Straßenverkehr und Autobahnen der Union, Nitin Gadkari, innerhalb von fünf Jahren mehr als 250 Projekte mit einer Länge von über 1.200 Kilometer entwickeln zu wollen.

Die indische Zentralregierung hat die Notwendigkeit der Entwicklung von Seilbahnen erkannt und räumt dem Seilbahnsektor Priorität ein.

Das Parvatmala-Programm, das zum ersten Mal im Land für Gebiete wie Himachal Pradesh, Uttarakhand, Jammu-Kashmir und den Nordosten des Landes aufgelegt wurde, soll die Anbindung und den Komfort für Pendler in schwierigen Bergregionen verbessern und den Tourismus fördern.

National Highways Logistics Management Ltd (NHLML), eine 100-prozentige Zweckgesellschaft der National Highways Authority of India (NHAI), wurde mit der Entwicklung von Seilbahnprojekten im Rahmen des Programms im ganzen Land beauftragt.

Insgesamt wird das Seilbahnentwicklungsprogramm vom Ministerium für Straßenverkehr und Autobahnen (MORTH) durchgeführt, das von Minister Nitin Gadkari geleitet wird.

Der indische Verkehrsminister

Nitin Gadkari im Gespräch.

Bevölkerung wächst – und der Verkehr gleich mit

Für die großen Aufgaben im Mobilitätssektor, denen sich die indische Regierung aktuell stellt, seien urbane Seilbahnen eine sinnvolle Lösung, so der Minister.

Als bevölkerungsreichstes Land der Welt mit einem weiter positiven Bevölkerungswachstum gehen hohe Belastungen für die Umwelt einher. Durch den dichten Verkehr in den zahlreichen indischen Megastädten, wovon fast jede bevölkerungsreicher als ganz Österreich sei, wie der Minister vergleichend anmerkte, werden die städtische Umwelt und damit auch die in den Städten lebenden Menschen stark belastet.

Mit einer Zunahme des Wohlstandniveaus steigen auch in Indien die  individuellen Mobilitätsbedürfnisse. Ohne Intervention der indischen Regierung würde der Individualverkehr weiter zunehmen, bis der Verkehr ganz zum Erliegen kommen würde.

Soziale Teilhabe am Seil

Die einzige Lösung besteht im Ausbau des öffentlichen Verkehrs. Dieser wird aktuell massiv vorangetrieben – auch mit Seilbahnen. Dabei geht der Transportminister ganzheitlich vor. Nachhaltigkeit ist ein besonders wichtiges Anliegen bei der Auswahl geeigneter Mittel für eine umfassende Schaffung von öffentlichen Mobilitätsangeboten.

Aufgrund des elektrischen Antriebs, der geringen Bodenversiegelung, schnellen Bauzeit und langen Lebensdauer sind Seilbahnen für ihn besonders interessant. Ebenso ist die soziale Teilhabe aller Bevölkerungsschichten am Verkehr ein erklärtes Ziel.

Ebenso wie in Südamerika verspricht man sich für indische Städte eine bessere Mobilität für alle mit dem Verkehrsmittel Seilbahn. Für dieses Ziel stehen dem Minister mehrere Milliarden Dollar zur Verfügung.

Varanasi

In der indischen Stadt wird derzeit eine Seilbahn umgesetzt.

50 Projekte in Planung

Neben dem Ausbau der Schieneninfrastruktur oder dem Bau von E-Highways soll auch die Plus-Eins-Ebene als Potentialraum erschlossen werden. Hierbei spielen urbane Seilbahnen eine wichtige Rolle – auch in Verbindung mit schienengebundener Infrastruktur zur Anbindung der letzten Meile.

Aktuell sind landesweit bereits 50 Projekte in Planung, an denen vielfach österreichische und europäische Firmen beteiligt sind. Sollten diese und weitere Planungen umgesetzt werden, könnte Indien zum bedeutendsten Markt für urbane Seilbahnen werden.

Gadkari appelliert an die Industrie, sich an der Verbesserung bestehender Seilbahnstandards zu beteiligen, um einen nachhaltigen und sicheren Transport zu gewährleisten und Teil dieser transformativen Reise zu sein, mit der man die indische Infrastruktur zu größeren Höhen führen möchte.

Die Herstellung von Seilbahnkomponenten im Rahmen der Initiative „Make in India“ soll gefördert werden.

Interview: Dominik Berndt