SI Urban 2/2019, Stadt
Vision Seilbahnnetz: Rheinpendel – der Traum für Köln
Das Thema „urbane Seilbahn“ ist nicht neu in Köln. Neben der historischen Seilbahn am Zoo und den Plänen für die Seilbahn zwischen Deutz/ Messe und Hauptbahnhof (siehe Seiten 22-23), gab es auch im Süden der Stadt entsprechende Gedankenspiele.
Die meisten Betrachtungen sind und waren aber punktuell und auf eine Wegebeziehung zwischen A und B begrenzt. „Der Stand der Technologie erlaubt es aber, das Seilbahnsystem als ein Gesamtnetz mit mehreren Stationen zu konzipieren“, ist Thomas Schmeckpeper von der Wählergruppe „GUT Köln“ überzeugt. Dabei könne das Netz ab einer bestimmten Größe nur in unterschiedlichen Sektoren, also mit mehreren Förderseilen funktionieren.
Mit dem Vorteil, dass unterschiedliche Sektoren mit unterschiedlichen Umlaufgeschwindigkeiten und variierenden Taktdichten möglich sind. „Wenn man die Überquerung von Wohnbebauung ausschließt (größter Kritikpunkt bei ähnlichen Plänen in München, Wuppertal oder Bonn), bleiben als Trassenoptionen der Rhein, die Uferbereiche und die angrenzenden Grünzüge.
Also dort, wo der öffentliche Nahverkehr an den verstopften Nadelöhren krankt“, geht Schmeckpeper ins Detail. Diese Engpässe werden in Zukunft noch weiter zunehmen, da die dortigen Stadtviertel, das Messegelände und die Häfen vor einer massiven Entwicklung stehen – mit immer mehr Bewohnern, Arbeitnehmern und Touristen.
Eine mögliche Linienführung der Seilbahn durch die Innenstadt.
Eine Seilbahn von Nord nach Süd
Deswegen plant „GUT Köln“ ein Seilbahnsystem, das den Norden und den Süden der Stadt verbindet und dabei mehrere zusätzliche Rheinquerungen
schafft. „Somit lassen sich die Autobahnkreuze im Norden und im Süden mit neuen Park-and-Ride-Optionen erschließen“, so der Projektplaner.
Die Stationen sind als Mobilitätshubs und Micro-Depots konzipiert – mit angegliedertem Car-Sharing, Bus und Schienenoptionen sowie Radabstellanlagen.
Die vorgeschlagene Trasse schafft 24 Kreuzungsmomente mit der bestehenden Stadtbahn und 43 Kreuzungsmomente mit dem bestehenden Busnetz.
Die Kapazitäten der Gondeln erlauben die Mitnahme von Fahrrädern, Kinderwägen, Rollatoren und Gepäck. Besonders die Fahrradmitnahme ermöglicht völlig neue Wegebeziehungen für Pendler aus der Stadt und dem Umland.
33,5 Kilometer, 21 Stationen
Das geplante Seilbahnsystem hat eine Länge von 33,5 Kilometern und 21 Stationen. Der „Rheinpendel“ kann theoretisch über zwei Millionen Passagiere pro Tag befördern, bei einer Taktdichte von ca. 30 Sekunden und der Annahme, dass jede Gondel an jeder Station komplett geleert und wieder befüllt wird.
Letzteres entspricht nur der Theorie, doch selbst bei einem Zwanzigstel wären es noch 100.000 Passagiere pro Tag. „Wir gehen aber von 300.000 Passagieren pro Tag aus“, sagt Schmeckpeper. Damit lassen sich zigtausende PKW- und Busfahrten ersetzen.
Dabei laufen leistungsfähige Seilbahnen mit einer Geschwindigkeit bis zu 35 km/h. Die Strecke Bonner Verteiler bis Messe/Deutz ließe sich in rund 20 Minuten zurücklegen – stau- und ampelfrei sowie ohne Wartezeiten.
Stationen lassen sich als Mobilitäts-Hubs konzipieren.
In 15 Jahren schwarze Zahlen
Die Wählergruppe „GUT Köln“ rechnet mit einer Investitionssumme von 500 Millionen Euro, die sich in 15 Jahren amortisieren würde. „Das Kosten-Nutzen-
Verhältnis ist im Vergleich zu sämtlichen anderen Verkehrsträgern unschlagbar – insbesondere da alternative Rheinquerungen durch Tunnel oder Brücken extrem teuer sind“, betont Schmeckpeper.
Ein Seilbahnkilometer inkl. der Stationsinfrastruktur wird in der Regel mit nur sechs bis acht Millionen Euro kalkuliert. Ein U-Bahnkilometer liegt bei etwa 250 Millionen Euro. Hinzu komme der Raumgewinn, sowie der touristische Wert des Seilbahnnetzes, so der Projektplaner.
Der erste Entwurf eines Teilabschnitts der urbanen Seilbahn. Aspekte des Landschafts- und
Denkmalschutzes müssen noch berücksichtigt werden. Illustrationen: Mehdi Yassery
Vorbehalt Weltkulturerbe
Einen kritischen Punkt sehen aber selbst die Seilbahnfans: Der städtebauliche Eingriff des „Rheinpendels“. Berührungspunkte gibt es mit dem Dom als Weltkulturerbe und anderen denkmalgeschützten Bereichen.
„Beispiele aus anderen Städten zeigen jedoch, dass sich Stationen, Stützpfeiler und Gondeln modern und mit hohem architektonischen Anspruch gestalten lassen“, entkräftigt Schmeckpeper diesen Einwand. ts